Deutsche Pkw-Maut

Deutsche Maut-Debatte: Große Pläne, viele Fragen

Die bayerische CSU hat sich das Thema Pkw-Maut auf Deutschlands Straßen auf die Fahnen geheftet. Doch innerhalb der Partei ist nun um die Forderung nach Ausnahmen ein Streit entbrannt. Auch die Frage, ob eine Maut nur für Ausländer überhaupt EU-rechtskonform ist, ist noch offen. Ein Experte sieht gute Chancen für Klagen aus Österreich und den Niederlanden.

Von Klaus Blume, dpa

Berlin – Viele Deutsche finden das ungerecht: Wenn sie mit dem Auto in den Urlaub fahren, dann müssen sie in den meisten Ländern Europas auf den Autobahnen Maut bezahlen. Aber das große deutsche Autobahnnetz dürfen Autofahrer aus aller Welt kostenlos nutzen. Das soll sich jetzt ändern: Nach den Plänen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) werden auch die deutschen Autobahnen ab 2016 mautpflichtig.

Aber anders als im übrigen Europa, wo beim Kauf einer Vignette oder beim Passieren einer Zahlstelle Einheimische und Gäste gleichhoch zur Kasse gebeten werden, sollen in Deutschland nur Ausländer belastet werden. In den Nachbarländern, vor allem Österreich und den Niederlanden, regt sich Protest, Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof drohen.

CSU macht Thema zum Herzensanliegen

Seit 2005 gibt es in Deutschland bereits eine Maut für Lastwagen. Die Pkw-Maut für Ausländer war nun ein Herzensanliegen der bayerischen Christsozialen (CSU). Im Bundesland Bayern war der Unmut über die Maut kassierenden und angeblich mautfrei fahrenden Nachbarn anscheinend besonders groß. Die CSU bediente sich im Bundestagswahlkampf 2013 dieser Ressentiments und schrieb sich das Thema auf die Fahnen. CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer beharrte darauf, keinen Koalitionsvertrag ohne Pkw-Maut für Ausländer zu unterschreiben.

Christdemokraten und Sozialdemokraten, die beiden größeren Regierungspartner, waren eigentlich gegen die Maut. Doch nach der Arithmetik deutscher Koalitionsverhandlungen konnte auch der kleinere Partner sein Herzensanliegen im Vertrag verankern. Nun hat Seehofers Parteifreund Dobrindt einen Entwurf vorgelegt. Die Jahresvignette würde je nach Fahrzeugtyp im Durchschnitt knapp 90 Euro kosten, außerdem gäbe es 10-Tages- und Zwei-Monats-Vignetten zu 10 und 20 Euro. Autobesitzern in Deutschland würde der Betrag aber über einen Nachlass bei der Kraftfahrzeugsteuer voll ausgeglichen.

Parteiinterner Streit um Ausnahmen

Dobrindts Entwurf sieht eine Mautpflicht nicht nur für Autobahnen vor, sondern für alle Straßen des Landes. Und schon kam Kritik ausgerechnet aus der eigenen Partei. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann forderte, die Landkreise an der deutschen Grenze sollten mautfrei bleiben, damit die Bürger der Nachbarländer auch weiter zum Einkaufen oder Essen nach Deutschland kämen. Seehofer regierte verärgert und meinte, es sei überhaupt nicht notwendig, dass jemand mit Interviews „seinen Senf dazugibt“.

Unterstützung erhielt Herrmann aber aus anderen Bundesländern, wo man ebenfalls um den kleinen Grenzverkehr fürchtet. „Die Herausnahme der Grenzregionen aus der Mautpflicht würde ein schweres Ärgernis aus den Maut-Eckpunkten des Verkehrsministers beseitigen“, sagte der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Bundestagsabgeordneten, Peter Hinze. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz warnte, Gegenden wie Trier drohten Umsatzeinbußen, wenn Kunden aus Frankreich und den Benelux-Ländern wegblieben.

Nach Abzug der Steuervergünstigungen für die Inländer würde die Maut nach Berechnungen des Verkehrsministeriums dem deutschen Staat netto 600 Millionen Euro einbringen. Das ist nicht viel angesichts des enormen Investitionsbedarfes bei Straßen und Brücken - und Bundesländer und Kommunen fordern bereits ihren Anteil am Kuchen ein.

Experte sieht gute Chancen für Klagen

Der deutsche Europarechtler Walther Michl rechnet den Klagen Österreichs und der Niederlande gegen die deutsche Maut gute Erfolgschancen aus. Das Konzept verstoße unter anderem gegen das Diskriminierungsverbot auf Grundlage der Staatsangehörigkeit, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Dass ein steuerlicher Freibetrag genau die Kosten der Vignette abdecke sei rechtlich definitiv nicht möglich. „Aber der Verkehrsminister muss das jetzt bis zum Ende durchziehen. Wenn er jetzt schon einen Rückzieher macht, wäre das ein wahnsinniger Gesichtsverlust“, glaubt Michl.