Grazer Apple-Lieferant ams und Dialog Semiconductor sagen Fusion ab
Graz (APA) - Es ist bei einem Beschnuppern geblieben: Die Ende Juni angekündigte milliardenschwere Fusion der Chiphersteller ams und Dialog ...
Graz (APA) - Es ist bei einem Beschnuppern geblieben: Die Ende Juni angekündigte milliardenschwere Fusion der Chiphersteller ams und Dialog Semiconductor ist gescheitert. Die beiden Zulieferer, deren Chips unter anderem in Smartphones von Apple und Samsung verbaut sind, sagten die Fusion „trotz intensiver Verhandlungen“ am Dienstag in der Früh ab.
Die Gründe für das Scheitern blieben vage. Trotz intensiver Verhandlungen seien keine annehmbaren Bedingungen erzielt worden, erklärte der deutsch-britische Chiphersteller Dialog Semiconductor in London. ams mit Sitz in Unterpremstätten im Süden von Graz bestätigte nach Dialog, dass die Verhandlungen geplatzt seien.
ams habe nicht mehr die Absicht, ein Angebot für Dialog Semiconductor zu machen, erklärte das steirische Unternehmen, das früher unter austriamicrosystems firmierte. Nach britischem Recht darf ams nun sechs Monate lang nicht für den deutsch-britischen Branchenkollegen bieten. Laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ am Dienstag wird ams auch kein Übernahmeangebot vorlegen, solange nicht ein Dritter Dialog kaufen will. Nach der Ankündigung Ende Juni hätte ams innerhalb eines Monats, bis spätestens 24. Juli, ein verbindliches Übernahmeoffert abgeben müssen.
Knackpunkt dürfte der Preis gewesen sein. Laut einem früheren Bericht der „Financial Times“ soll Dialog eine Prämie von 10 Prozent gefordert haben. ams dagegen soll argumentiert haben, dass die erwarteten Synergien allein schon Grund genug für die Verschmelzung seien. Die Unternehmen betonten Ende Juni aber bereits, dass die Verhandlungen in einem sehr frühen Stadium seien. Laut „FT“ liefen die Gespräche seit einigen Monaten, dem Bericht zufolge war man sich schon einig, dass ams künftig den Aufsichtsratschef stellt und Dialog den Vorstandsvorsitzenden. Das gemeinsame Unternehmen hätte in der Schweiz an der Zürcher Börse gehandelt werden sollen, wo derzeit ams notiert.
Doch daraus wird nun nichts. ams und Dialog Semiconductor werden getrennte Wege gehen, wie es heute hieß. „Letztlich gab es keine gemeinsame Basis, auf der wir weitermachen konnten“, erklärte ein ams-Sprecher gegenüber Reuters. „Die Zahlen und die Bewertung haben eine Rolle gespielt, aber es ging auch um die Strategie.“ Neben den erwarteten Synergieeffekten wäre mehr notwendig gewesen, um den Zusammenschluss zu einem Erfolg zu machen. „Und das haben wir nicht gesehen.“ Es sei zwar eine interessante Gelegenheit gewesen, „aber weitere Transaktionen stehen nicht oben auf unserer Liste“, so der Sprecher.
Dialog-Chef Jalal Bagherli sagte, mit dem Ende der Gespräche sei alles wie immer: „Business as usual. Wir werden weiter unseren profitablen Wachstumskurs fortsetzen“, erklärte der Manager. An der Börse kommen ams und Dialog derzeit auf einen Wert von jeweils rund 1,7 Mrd. Euro. Nach dem Bekanntwerden der Fusionspläne waren die Aktien von ams und Dialog deutlich in die Höhe geschnellt. Börsianer haben offenbar aber schon in den letzen Tagen nicht mehr mit einer Fusion gerechnet, die Aktienkurse waren zuletzt wieder gesunken. Die ams-Aktien reagierten am Dienstagvormittag kaum auf die Nachrichten, die Papiere von Dialog lagen vorbörslich bis zu acht Prozent im Minus, legten im Frühhandel dann aber rund zwei Prozent zu - auch weil Apple laut „Wall Street Journal“ die Produktion von 70 bis 80 Millionen Geräten seines nächsten iPhone-Modells in Auftrag gegeben hat.
Analysten hatten einen Zusammenschluss von ams und Dialog als sinnvoll erachtet, da sich die Produkte und Märkte beider Unternehmen ergänzten. Für den Analysten Bernd Laux von Kepler Cheuvreux ist das Scheitern des Deals aber „keine Katastrophe“. Das Synergiepotenzial könne nun aber nicht realisiert sein, bedauert Laux. Er geht davon aus, dass Dialog nächstes Jahr einen anderen Sensorenhersteller kaufen wird. Zu den Synergien wäre auch eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber mächtigen Kunden wie Apple und Samsung gekommen.
ams erzeugt Chips und Sensoren für die Elektronikindustrie. Wichtige Forschungs- und Betriebsstätten sind in Österreich, im texanischen Plano und an weiteren sieben Standorten weltweit. ams beschäftigt rund 1.400 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern. Der Umsatz betrug 2013 rund 378 Mio. Euro, der Nettogewinn lag bei 61 Mio. Euro. Dialog Semiconductor steuert das operative Geschäft von Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg aus und hat rund 1.100 Mitarbeiter. Der Umsatz stieg 2013 um 17 Prozent auf rund 903 Mio. Dollar, umgerechnet sind das rund 663 Mio. Euro. Der Nettogewinn stagnierte bei 62,5 Mio. Dollar. Damit ist ams deutlich profitabler als Dialog Semiconductor. Beide zählen im Vergleich zu Branchenriesen wie Intel oder D aber eher zu den kleineren Fischen.
Große Zusammenschlüsse in der Chipbranche sind selten. Investoren fiebern zwar seit Jahrzehnten auf eine Konsolidierung hin, doch die Schwankungsanfälligkeit des Geschäfts und die Eigentümlichkeiten der Branche haben große Fusionen verhindert. Die Aussicht auf schwächere Wachstumsraten für den Tablet- und Smartphone-Absatz könnte Zulieferer allerdings zu vorausschauenden Fusionen treiben. Die europäische Chipbranche ist weitgehend auf Spezialitäten wie Handy-, Auto- oder Sicherheitshalbleiter ausgerichtet. In den USA werden vor allem Prozessoren, in Asien Speicher gebaut. Halbleiterriesen wie Intel drängen allerdings zur immer stärkeren Integration der hochkomplexen Bauteile. Der Trend geht zum System auf einem Chip, das immer mehr Funktionalitäten eines Geräts auf einem winzigen Stück Silizium bündelt.
~ ISIN AT0000920863 ~ APA220 2014-07-22/11:58