In der EU wird der Ruf nach Waffenembargo gegen Moskau lauter

Brüssel (APA/AFP/dpa) - In der EU wird der Ruf nach einem Waffenembargo gegen Russland lauter. Nach dem Abschuss eines malaysischen Verkehrs...

Brüssel (APA/AFP/dpa) - In der EU wird der Ruf nach einem Waffenembargo gegen Russland lauter. Nach dem Abschuss eines malaysischen Verkehrsflugzeugs über der Ostukraine mit fast 300 Toten traten beim EU-Außenministerrat am Dienstag in Brüssel u.a. Österreichs Ressortchef Sebastian Kurz (ÖVP) und sein schwedischer Amtskollege Carl Bildt sowie der litauische Minister Linus Linkevicius dafür ein.

In der Frage von schärferen Sanktionen, die über die vom EU-Gipfel zuletzt beschlossenen Maßnahmen hinausgehen, gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmaier forderte „schärfere Maßnahmen“ gegen Russland, ohne aber konkret zu werden. Kurz meinte, Wirtschaftssanktionen - also der Übergang zur Stufe drei - wären eine Angelegenheit der Staats- und Regierungschefs und würden heute nicht beraten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton trat vorerst gegen verschärfte Maßnahmen gegen Moskau ein. Kroatiens Außenministerin Vesna Pusic sprach sich dafür aus, einen solchen Schritt von einer Untersuchung des Flugzeugabsturzes abhängig zu machen.

Einig sind sich die Außenminister darüber, dass so rasch wie möglich der Flugzeugabsturz aufgeklärt werden müsse. Die EU-Minister wollten ihre Beratungen mit einer Schweigeminute für die Toten beginnen. Mehrere Teilnehmer forderten Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Abschuss.

Linkevicius nannte die Tragödie um das malaysische Passagierflugzeug einen „wirklichen Wendepunkt“. „Wir sprechen nicht mehr nur über Angriffe und den Transport von Waffen über die Grenze, sondern über einen terroristischen Angriff“, sagte Linkevicius und forderte, die selbsternannten Separatisten-Republiken von Luhansk (Lugansk) und Donezk als „terroristische Organisationen“ einzustufen. Der britische Außenminister Philip Hammond erklärte, die Lage habe sich vollkommen geändert..

Die ukrainische Regierung und zahlreiche westliche Staaten halten einen Abschuss des Flugzeugs durch die von Russland unterstützten Separatisten für wahrscheinlich. Ashton forderte eine gründliche Untersuchung der „furchtbaren Tragödie“. Offen ist, ob die dazu nötigen Waffen aus Russland kamen.

Mehrere Minister sprachen sich für ein EU-Waffenembargo gegen Russland aus. „Es geht darum, dass die Europäische Union sich als Gesamtes dazu bekennen sollte, keine Waffen mehr an Russland zu liefern in einer Phase, in der wir erleben, dass diese Waffen immer wieder weitergegeben werden an die Separatisten“, sagte Kurz. Bei früheren Treffen hatte es keine Einigung auf ein Waffenembargo gegeben.

Ein solcher Schritt würde Frankreich in den Fokus rücken, das derzeit ein milliardenschweres umstrittenes Waffengeschäft mit Russland abwickelt. Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte wenige Stunden zuvor angekündigt, er werde trotz internationaler Kritik im Oktober das erste Mistral-Kriegsschiff an Russland liefern. „Die Russen haben bezahlt; wir müssten 1,1 Milliarden Euro zurückzahlen“, wenn das Schiff nicht geliefert würde, sagte Hollande in Paris.

„Der Verkauf von Militärtechnologie an Russland kann unter den aktuellen Umständen nicht toleriert werden“, sagte Litauens Staatschefin Dalia Grybauskaite und kritisierte eine „Mistralisierung“ der EU-Politik.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten vergangene Woche noch vor der Tragödie um Flug MH17 eine Verschärfung der EU-Strafmaßnahmen beschlossen. Die gezielten Sanktionen gegen bisher 72 Ukrainer und Russen sollen ausgeweitet werden auf Unternehmen oder Organisatoren auch in Russland, welche die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine bedrohen oder die Separatisten materiell oder finanziell unterstützen. Eine Liste soll bis Monatsende erstellt werden.

(NEU: Zitate von den Außenministern Schwedens und Österreichs zu einem Waffenembargo, Äußerungen Hollandes zu Mistral-Geschäft mit Russland, Kritik der litauischen Präsidentin an Frankreich)