Wissenschafter wollen Zellen per Licht steuern
Heidelberg (APA) - Forscher der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben eine neue Methode entwickelt, ...
Heidelberg (APA) - Forscher der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben eine neue Methode entwickelt, mit der sie Prozesse in lebenden Zellen über Lichtsignale steuern können. Dieses System ermöglicht Studien über die Bewegung von Proteinen und ist für Grundlagen- und die angewandte Forschung interessant.
„LINuS“ steht für „light-inducible nuclear localization signal“, also ein durch Licht induzierbares Signal, mit dem Proteine in den Zellkern gelenkt werden können, hieß es vor kurzem in einer Aussendung des Deutschen Krebsforschungszentrums (Heidelberg). Die Besonderheit der neuen Methode ist, dass die Forscher über Licht direkt in die Prozesse lebender Zellen eingreifen können.
Die Vorteile lägen klar auf der Hand: So, wie man Licht ein- und ausschalten kann, so kann auch LINuS ein- und wieder ausgeschaltet werden, auch mehrmals hintereinander. Darüber hinaus hinterlassen die Lichtimpulse keine Spuren in den Zellen, welche die wissenschaftliche Beobachtungen beeinflussen könnten. Gegenüber der Steuerung durch chemische Signale eröffnet LINuS außerdem die Möglichkeit, gezielt einzelne Zellen aus einem Zellverband zu untersuchen.
Da LINuS über eine kurze DNA-Sequenz an jedes beliebige Protein angehängt werden kann, stelle es ein universell einsetzbares Mittel dar, um verschiedenste Prozesse in Säuger- und Hefezellen zu untersuchen. Darüber hinaus ließe sich die Stärke des Signals über die Lichtintensität und die Dauer der Bestrahlung variieren. „Wir können verschiedene Versionen von LINuS sozusagen ,personalisiert‘ an die Bedürfnisse des untersuchten Proteins anpassen“, sagte der Leiter der Studie, Roland Eils, der am Deutschen Krebsforschungszentrum und an der Universität Heidelberg forscht.
Das neue System basiert auf einem lichtempfindlichen Protein, das in Pflanzen an der Bewegung in Richtung des Sonnenlichts beteiligt ist. „Wir haben dieses pflanzliche Protein schrittweise in einen lichtabhängigen Protein-Shuttle-Service umgebaut, der sogar in menschlichen Zellen funktioniert“, sagte Dominik Niopek, der Erstautor der Studie. Das Signal, das den Transport des zugehörigen Proteins in den Zellkern vermittelt, ist im Dunkeln im LINuS-Anhänger (dem umgebauten Pflanzenprotein) „versteckt“ und daher ausgeschaltet. Erst bei Lichteinfall wird es freigelegt und bewirkt den Transport des markierten Proteins vom Zellplasma in den Zellkern.
Ist dieses Protein beispielsweise ein Transkriptionsfaktor, führt dies zum Anschalten bestimmter Gene und beeinflusst so direkt verschiedene Funktionen der Zelle. Getestet wurde das neue System zunächst mit einem fluoreszenten „Berichterstatter“: So konnten die Heidelberger Forscher die Wanderung des leuchtenden Proteins direkt unter dem Mikroskop beobachten. Die Wissenschafter bewiesen aber auch, dass sie mit Hilfe von LINuS direkt in grundlegende, zelluläre Funktionen eingreifen können: So konnten sie - nur durch das Einschalten von Licht - bestimmte Gene anschalten und sogar Zellen in die Zellteilung treiben.
In Krebszellen verläuft diese Zellteilung häufig schnell, ohne jegliche Kontrolle und führt zu genetischen Defekten, die das Tumorwachstum verstärken oder die Resistenz gegenüber bestimmten Medikamenten fördern. Gerade bei der Erforschung dieser Abläufe könnte das neue System hilfreich sein.
Entscheidend für zukünftige Forschungsansätze sei insbesondere die Möglichkeit, die Aktivität bestimmter Gene räumlich und zeitlich zu kontrollieren, erklärte Niopek. „Es genügt nicht, ein Protein in einer Krebszelle einfach nur an- oder auszuschalten. Die Bewegung krebsrelevanter Proteine innerhalb der Zelle, wie beispielsweise die des Wächterproteins p53, ist ebenso wichtig. Diese können wir nun mit LINuS erforschen.“