Ukraine - Auftakt zu Verbotsprozess der Kommunistischen Partei
Kiew (APA) - Vor einem Kiewer Verwaltungsgericht beginnt am Donnerstag das Gerichtsverfahren, mit dem die ukrainische Regierung ein Verbot d...
Kiew (APA) - Vor einem Kiewer Verwaltungsgericht beginnt am Donnerstag das Gerichtsverfahren, mit dem die ukrainische Regierung ein Verbot der Kommunistischen Partei durchsetzen möchte. Hochrangigen Kommunisten wird vorgeworfen, die Annexion der Krim und pro-russische Separatisten unterstützt zu haben. Mit einem Urteil ist laut Beobachtern erst in drei bis vier Monaten zu rechnen, ein Verbot scheint möglich.
Bereits in den vergangenen Monaten war der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) ein scharfer Wind entgegengeweht: Während sie zuvor als informeller Koalitionspartner von Viktor Janukowitsch gegolten hatte, sahen sich die ukrainischen Kommunisten gleich nach dem Machtwechsel Repressalien ausgesetzt: Rechtsradikale, die die KPU-Pressestelle als „illegale paramilitärische Formation“ bezeichnete, hatten Ende Februar die Parteizentrale im Kiewer Stadtteil Podil (Podol) besetzt. Nachdem die Polizei wochenlang untätig geblieben waren, zogen die Besetzer nach einem ersten Räumungsversuch Anfang April ab. Unbekannte setzten jedoch kurze Zeit später das Gebäude in Brand.
In der Obersten Rada setzten die ukrainischen Kommunisten ihrerseits seit dem Machtwechsel im Februar insbesondere auf Fundamentalopposition und Verweigerung. Bei deutlich mehr als 95 Prozent der Abstimmungen enthielten sie sich oder fehlten, gleichzeitig traten zuletzt elf Abgeordnete aus der kommunistischen Fraktion aus. Sie haben nunmehr lediglich 23 Mitglieder im Parlament mit insgesamt 450 Sitzen.
Eine erst am Dienstag beschlossene Novelle zur Rada-Geschäftsordnung, die eine Auflösung von Fraktionen bei Unterschreitung von 32 Abgeordneten vorsieht, wird wahrscheinlich bereits am Donnerstag zur formalen Auflösung der kommunistischen Fraktion führen. Und am Mittwoch wollten Abgeordnete der rechtsradikalen „Swoboda“-Partei KP-Chef Petro Symonenko (Pjotr Simonenko) eigenhändig aus der laufenden Sitzung entfernen - Parlamentspräsident Oleksandr Turtschynow (Aleksandr Turtschninow) unterließ einen Ordnungsruf an die verantwortlichen „Swoboda“-Abgeordneten und Symonenko selbst flüchtete nach einer kurzen Rauferei aus dem Plenarsaal.
Turtschynow gilt auch als Initiator eines KPU-Verbotsverfahrens, das er als damaliger Interimspräsident bereits im Mai angekündigt hatte. Am Donnerstag verhandelt nun das Kiewer Verwaltungsgericht erstmals in dieser Causa. Mit einer formalen Entscheidung ist laut Beobachtern erst in drei bis vier Monaten zu rechnen, ein gerichtliches Verbot der Partei ist nicht auszuschließen.
Bereits im April und im Mai hatte das Gericht die Parteien „Russische Einheit“ und „Russischer Block“ verboten, die bei der russischen Annexion der Krim jeweils eine maßgebliche politische Rolle gespielt hatten. Handlungen von Spitzenvertretern und Mitgliedern einer Partei, die gegen die Souveränität des Staates und seine territoriale Integrität gerichtet sind, gelten laut ukrainischem Parteigesetz als Verbotsgrund.
Die 19-seitige Klagsschrift des Justizministeriums, die der APA vorliegt, enthält Dutzende Vorwürfe gegen die Kommunistische Partei. Sie wirft hochrangigen Mitgliedern insbesondere vor, die Annexion der Krim und anschließend auch Separatisten in der Ostukraine unterstützt zu haben. So habe sich die KPU-Parteiorganisation auf der Krim aktiv an der Vorbereitung eines illegalen Referendums beteiligt. Parteichef Symonenko habe „separatistische Äußerungen“ getätigt. Im Osten der Ukraine hätten KPU-Spitzenvertreter zudem gesetzeswidrige Referenden der selbst erklärten Volksrepubliken unterstützt, in der Region Luhansk (Lugansk) sogar Freischärler angeworben, in Slowjansk (Slawjansk) ihre Solidarität mit bewaffneten Separatisten zum Ausdruck gebracht.
Inkriminiert werden aber auch Artikel aus der Parteipresse, in denen die neuen Machthaber in Kiew etwa als „national-faschistisches Regime“ bezeichnet werden - eine ähnliche Wortwahl war in den vergangenen Monaten wiederholt auch in russischen Staatsmedien zu hören. Als politisch heikel gilt der Vorwurf, die KPU-Fraktion im Parlament habe sich im März bei einer Abstimmung zur Verurteilung des Krim-Referendums kollektiv der Stimme enthalten und dadurch die Politik der Russischen Föderation unterstützt.
Während die ukrainischen Kommunisten betonen, für die Einheit der Ukraine einzutreten, und im ganzen Land eine Kampagne gegen ein mögliches Verbot starteten, kommt Kritik am Vorgehen der ukrainischen Regierung insbesondere auch aus Russland: Der russische KP-Chef Gennadi Sjuganow kündigte an, alles zur Verhinderung eines Verbots zu unternehmen. Bereits im Juni hatte sich auch die Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag explizit gegen ein KPU-Verbotsverfahren ausgesprochen.