Rechnungshof übt massive Kritik an Bundestheater-Holding und Politik

Wien (APA) - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - doch die hat bei der Bundestheater-Holding und ihrem Eigentümer, dem Bund, scheinbar ...

Wien (APA) - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser - doch die hat bei der Bundestheater-Holding und ihrem Eigentümer, dem Bund, scheinbar versagt. In einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht stellt der Rechnungshof der Holding für die Geschäftsjahre 2009/10 bis 2011/12 ein vernichtendes Urteil aus und zieht dabei auch das damalige Kulturministerium unter Claudia Schmied (SPÖ) in die Verantwortung.

In seinem rund 160 Seiten umfassenden, schließlich in 66 Empfehlungen gespeisten Bericht hält der Rechnungshof fest, dass die Bundestheater-Holding „ihre strategische Führungsrolle im Hinblick auf Darlegung des mehrjährigen Finanzbedarfs für den Bundestheater-Konzern unzureichend“ erfüllte. So seien mit den Tochtergesellschaften Burgtheater, Staatsoper und Volksoper „keine genehmigungsfähigen Dreijahrespläne“ erarbeitet, „keine realistischen mehrjährigen Finanzierungskonzepte“ erstellt, keinerlei Vorschläge zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs gemacht und mit den zentralen Liquiditätsplanungen erst 2010 begonnen worden. Die „Qualität der Quartalsberichte war mangelhaft, Qualitätssicherungsmaßnahmen der Bundestheater-Holding GmbH fehlten“, heißt es im RH-Bericht.

Holding-Geschäftsführer Georg Springer, der sich kürzlich vorzeitig in die Pension zurückzog, habe „als Vorsitzender der Aufsichtsräte der Tochtergesellschaften deren ungenauen Jahresbudgets“ zugestimmt und „keine Maßnahmen zur Verbesserung der Planungsqualität“ gesetzt. Auf Basis jener Dreijahrespläne, die Fehlbeträge auswiesen, seien schließlich Strategie- und Finanzierungskonzepte für das Kulturministerium erstellt worden.

Relevant vor dem Hintergrund der Krise nach den finanziellen Unregelmäßigkeiten am Wiener Burgtheater ist vor allem die heftige Kritik am internen Kontrollsystem der Holding: So sei das Vier-Augen-Prinzip missachtet worden, hätten Korruption entgegenwirkenden Compliance-Richtlinien gefehlt und stellten hohe Barauszahlungen der drei Häuser ein „erhöhtes Sicherheitsrisiko“ sowie „hohe Verwaltungsaufwendungen“ dar.

Auch die Rolle des Kulturministeriums wird eingehend beleuchtet, habe dieses auf die negativen Ergebnisse und den zusätzlichen Finanzbedarf nicht reagiert bzw. keine Maßnahmen eingefordert. In Kritik gerät im RH-Bericht auch die Evaluierung des Konzerns, für die das Ministerium rund 522.000 Euro ausgab. Davon seien allein 175.000 Euro und somit rund ein Drittel des Betrags auf einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater entfallen, der seine Leistung an das Kulturressort jedoch „grundsätzlich nur mündlich“ erbracht habe, was die Leistung „nicht nachvollziehbar“ mache.

Auch dass nach der Effizienzanalyse nicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, sondern die Holding damit beauftragt wurde, die Bewertung der einzelnen „Optimierungspotenziale“ durchzuführen, stößt dem RH auf. Nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Bewertung des Potenzials, das von den Wirtschaftsprüfern mit rund 14,15 Mio. Euro und vonseiten der Bundestheater mit nur 10,08 Mio. Euro beziffert wurde. Diese auch für den RH nicht erklärliche Differenz von gut 4 Mio. Euro sei vom Ministerium nicht hinterfragt worden, zudem sei „ein mögliches Optimierungspotenzial nicht weiter verfolgt“ worden.

Bezüglich der Rolle Springers habe das Ministerium trotz Stellenbesetzungsgesetz den Geschäftsführer-Posten seit 1999 nie öffentlich ausgeschrieben sowie jährlich Prämien von mindestens 20.000 Euro gezahlt - für „Leistungen, die als Aufgaben in seiner Arbeitsplatzbeschreibung enthalten oder den üblichen Tätigkeiten eines Geschäftsführers entsprachen“, heißt es. Notwendige Zielvereinbarungen für leistungsbezogene Prämien seien erst um bis zu sieben Monate nach Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres mit dem Ministerium abgeschlossen worden.

Sowohl die Bundestheater-Holding als auch das nunmehr zuständige Bundeskanzleramt sagten in ersten Reaktionen auf den RH-Bericht jedenfalls konstruktive Aufnahme zu. So nehme die Holding die Kritik als „einen wertvollen Input zur Optimierung der Organisationsabläufe“ wahr, vermisse aber das „eigentliche Hauptproblem“ der jährlich steigenden Personalkosten. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) nehme die Erkenntnisse der Prüfung sehr ernst und werde Ende Juli ein Organisationsberatungsunternehmen mit der Prüfung und Ausarbeitung eines Reformkonzeptes beauftragen.

Laut SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel müsse sich die Republik Österreich „im Fall des Falles auch eventuelle Schadenersatzforderungen vorbehalten“. Sie forderte in einer Aussendung „absolute Aufklärung und Transparenz - insbesondere in Bezug auf die Rolle von Georg Springer und die nicht getroffenen Maßnahmen in der Vergangenheit“. „Mit Bestürzung, wie mangelhaft die kaufmännische Gebarung in der Holding über Jahre von statten ging und mit welcher Sorglosigkeit von der Chefetage an die langbekannten Probleme herangegangen wurde“ reagierte auch ÖVP-Kultursprecherin Maria Fekter, die ein rasches und umfassendes Neukonzept für die Holding forderte.

Für die Grünen ist es mit einer Reform der Holding nicht getan, stattdessen müssten grundsätzliche Fragen gestellt werden. „Während die kulturelle Arbeit der Kleinstempfänger von Subventionen mittels bürokratischer Kontrolle übermäßig eingeschränkt wird, gelten für die teuersten Staatsapparate andere Regeln“, so Kultursprecher Wolfgang Zinggl in einer Aussendung. NEOS-Kultursprecherin Beate Meinl-Reisinger hofft indes, „dass dieser Bericht eine Debatte über die Verantwortungskultur in der Kultursektion anregen kann“, wie auch Marcus Franz, Kultursprecher des Team Stronach, Professionalisierung fordert.