Absage von Flügen erhöht Druck auf Israel - Schwere Kämpfe in Gaza

Gaza (APA/dpa) - Die Streichung zahlreicher internationaler Flüge nach Israel setzt das Land wirtschaftlich unter Druck. Viele Airlines stel...

Gaza (APA/dpa) - Die Streichung zahlreicher internationaler Flüge nach Israel setzt das Land wirtschaftlich unter Druck. Viele Airlines stellten ihre Verbindungen zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv wegen des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen vorübergehend ein. Für Israel ist Ben Gurion das „Tor zur Welt“. Die Zahl der Toten im palästinensischen Gazastreifen stieg am Mittwoch auf 672.

Der israelische Luftfahrt-Experte Efraim Kommissar sagte dem Sender Arutz 7, die USA wollten mit der Einstellung des Flugverkehrs nach Tel Aviv politischen Druck auf die Regierung in Jerusalem ausüben. Sie wollten den Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas damit „Rückenwind verleihen“, sagte er. Unter anderem haben auch die Lufthansa, die Swiss und die Austrian Airlines ihre Flüge nach Israel eingestellt, die AUA bis Donnerstag, danach werde über die weitere Vorgangsweise entschieden.

Die US-Regierung bestritt eine derartige Motivation. Die Maßnahme diene einzig dazu, amerikanische Bürger und Airlines zu schützen, sagte US-Außenminister John Kerry nach Angaben seines Ministeriums in einem Gespräch dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu.

Es war das erste Mal seit 1991, dass ausländische Fluggesellschaften in größerer Zahl den Betrieb nach Israel einstellten. Im damaligen Golfkrieg der USA und ihrer Verbündeten gegen die irakische Besetzung von Kuwait hatte der irakische Diktator Saddam Hussein Scud-Raketen auf Israel abschießen lassen.

Israelische Medien sorgten sich am Mittwoch vor den wirtschaftlichen, aber auch psychologischen Folgen im Falle einer länger anhaltenden Lähmung des Flugverkehrs. „Wenn die Aussetzung (der Flüge) dauerhaft anhält, dann wird das eine unerträgliche Situation für die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu schaffen“, schrieb die Tageszeitung „Haaretz“ in einer Analyse.

Der israelische Präsident Shimon Peres kritisierte die Streichung internationaler Flüge nach Israel. „Die richtige Antwort ist nicht, Flüge zu streichen, sondern die Raketen (der Hamas) zu stoppen“, sagte er bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in Jerusalem.

Nachdem Raketenteile in der Nähe des Flughafens Ben Gurion bei Tel Aviv gefunden worden waren, hatten amerikanische und europäische Fluggesellschaften vorübergehend Flüge nach Tel Aviv eingestellt - darunter auch die Lufthansa und Air Berlin. Die Flugstreichungen der deutschen Airlines gelten mindestens bis einschließlich Donnerstag. Inzwischen öffnete Israel den Militärflughafen Ovda in der Negev-Wüste nördlich von Eilat als Ausweichmöglichkeit für internationale Flüge.

Im Gazastreifen hielten die Kämpfe indes unvermindert an. Die israelische Luftwaffe bombardierte am Mittwoch das Al-Wafa-Krankenhaus im Osten der Stadt Gaza. Bodentruppen griffen das Gebäude an, in dem sich Kämpfer der islamistischen Hamas-Milizen verschanzt hatten, wie ein israelischer Militärsprecher in Tel Aviv mitteilte. Das Krankenhaus für schwerbehinderte Patienten war bereits vor vier Tagen geräumt worden, bestätigten Offizielle in Gaza.

Die Arbeit für die Rettungsmannschaften im Gazastreifen wurde unterdessen immer gefährlicher. „Die Ambulanzen und die Helfer riskieren wirklich ihr Leben, um zu den Leuten zu kommen, um Erste Hilfe zu leisten und sie aus unsicheren Zonen in Sicherheit zu bringen“, sagte Sandra Wicki, Mitarbeiterin des Spanischen Roten Kreuzes in Ramallah, der Nachrichtenagentur dpa.

Auf israelischer Seite stieg die Zahl der getöteten Soldaten auf mindestens 29 - und damit auch der Druck auf die Regierung, die Krise zu lösen. Zuletzt kamen zwei Offiziere ums Leben. Ein Gastarbeiter aus einem nicht näher genannten Land wurde am Mittwoch bei einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen im Süden Israels getötet.

US-Außenminister Kerry setzte am Mittwoch seine Vermittlungsmission in der Region fort. In Jerusalem traf er UN-Generalsekretär Ban, in Ramallah Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. „Wir sind gewiss einige Schritte weitergekommen, aber es bleibt noch viel zu tun“, zitierten ihn israelische Medien.

Bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf zweifelte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, an, dass Israel alles tue, um zivile Opfer zu vermeiden. Israel und die radikal-islamische Hamas rief sie nachdrücklich auf, die Zivilbevölkerung bei den Kämpfen im Gazastreifen zu schützen.

Ziel der inzwischen gut zweiwöchigen israelischen Offensive ist es, die Infrastruktur der Hamas wie Raketenabschussrampen, Waffenschmieden und vor allem unterirdische Bunker und Gänge zu zerstören. Durch Tunnel dringen Hamas-Kommandos nach Israel vor, um Anschläge zu verüben. Immer wieder schlagen Raketen aus dem Gazastreifen in israelischen Orten ein.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck forderte angesichts der jüngsten antisemitischen Parolen bei Kundgebungen gegen Israel mehr Zivilcourage. „Ich möchte alle Deutschen und alle Menschen, die hier leben, auffordern, immer dann ihre Stimme zu erheben, wenn es einen neuen Antisemitismus gibt, der sich auf den Straßen brüstet“, sagte Gauck am Mittwoch in Berlin.