Bulgarien

Regierung in Bulgarien zurückgetreten

Das bulgarische Parlament hat den Rücktritt am Donnerstag angenommen.

Sofia – Das Parlament in Sofia hat am Donnerstag den eingereichten Rücktritt der sozialliberalen Minderheitsregierung von Plamen Orescharski angenommen. 180 Abgeordneten stimmten für den Rücktritt, acht votierten dagegen und weitere acht enthielten sich. Der Rücktritt nach nur 421 Amtstagen war Folge der politischen Krise nach der Wahlschlappe der sozialistischen Partei BSP bei den Europawahlen Ende Mai.

Der Juniorpartner der Sozialisten, die liberale Partei der türkischen Minderheit DPS, hatte in Reaktion auf die Niederlage bei den EU-Wahlen ihre Unterstützung für die Regierung entzogen. Bei Beratungen bei Staatspräsident Rossen Plewneliew konnten sich die Parlamentsparteien Ende Juni schließlich auf Neuwahlen am 5. Oktober einigen. Die Verfassung sieht vor, dass in den zwei Monaten vor dem Wahltermin der Präsident eine Interimsregierung einsetzt. Es wird erwartet, dass diese die Amtsgeschäfte am 6. August übernimmt.

Die Expertenregierung des parteilosen Finanzexperten Orescharski weckte zum Amtsantritt vor mehr als einem Jahr große Hoffnungen auf eine Beendigung der Talfahrt in der bulgarischen Wirtschaft. Zum Rücktrittstag stand jedoch fest, dass sie diese Erwartungen nicht erfüllt hat. Das Kabinett geriet nur zwei Wochen nach der Vereidigung im Parlament unter Druck.

Der erste Stolperstein war die Wahl des umstrittenen Medienunternehmers Deljan Peewski im Schnelldurchgang zum Vorsitzenden der Sicherheitsagentur DANS im Juni vergangenen Jahres. Noch am Tag der Ernennung Peewskis zum Geheimdienstchef versammelten sich mehrere Tausend Menschen spontan zu einer Demonstration vor dem Regierungssitz, um ihre Unzufriedenheit über das ihrer Meinung nach prinzipienlose Verhalten der Regierung und des Parlaments auszudrücken. Trotz des Rücktritts von Peewski weiteten sich die Proteste aus und forderten den sofortigen Rücktritt der Regierung.

Zum ersten Mal seit der Finanzkrise in Bulgarien Mitte der 1990er-Jahren als mehrere Banken pleitegegangen waren, kam es während der Amtszeit der Regierung Orescharski zum Lizenzentzug einer Großbank. Am 20. Juni dieses Jahres hatte die Notenbank die Kontrolle beim viertgrößten Geldinstitut Bulgariens übernommen, nachdem die Corporate Commercial Bank (Corpbank) alle Zahlungen eingestellt hatte. Ermittlungen gegen das Bankmanagement laufen.

Auch die Beziehungen zu der EU wurden in den vergangenen 421 Tagen auf die Probe gestellt. So war die nun zurückgetretene Regierung wegen des Baus der Gaspipline South Stream auf Konfrontationskurs mit der EU gegangen. Trotz der angedrohten Sanktionen der EU-Kommission hielt das Kabinett am Bauvorhaben fest. Das Projekt, an dem sich auch die OMV beteiligt, wurde auf Druck der EU inzwischen vorläufig gestoppt. Der Streitpunkt zwischen Sofia und Brüssel besteht darin, dass der Vertrag mit dem russischen Staatskonzern Gazprom gegen das dritte Energiepaket der EU verstößt.

Während der Regierungszeit von Orescharskis Kabinett kam es zudem zum stufenweisen Einfrieren von EU-Geldern für Bulgarien. Brüssel legte die Finanzierung für das Umweltschutzprogramm wegen Unrechtmäßigkeiten in der Vergabe öffentlicher Aufträge vorläufig auf Eis.

(APA)