Bundestheater - Presseschau: „Vollkommen verluderte Sitten“
Wien (APA) - Die vernichtende Kritik des Rechnungshofs an der Bundestheater-Holding unter der Leitung von Georg Springer sowie dem Kulturmin...
Wien (APA) - Die vernichtende Kritik des Rechnungshofs an der Bundestheater-Holding unter der Leitung von Georg Springer sowie dem Kulturministerium unter Claudia Schmied (SPÖ) hat sich am Donnerstag in empörten bis ernüchterten Kommentaren in den österreichischen Zeitungen niedergeschlagen. In Folge eine Presseschau mit Fragen, Analysen und Prognosen rund um das Debakel an den Staatstheatern:
KRONENZEITUNG
Die Ex-Kulturministerin Claudia Schmied und der in Pension geflüchtete Geschäftsführer Georg Springer haben einen unglaublichen Saustall hinterlassen. Zu diesem Schluss muss man nach Durchsicht eines aktuellen Rechnungshofberichts kommen. Dabei ist jetzt überhaupt nicht von Korruption oder Bestechung die Rede. Sondern schlicht von einem skandalösen Umgang mit Geld, das einem nicht gehört. Es war das schlampige und gönnerhafte Verhalten einer kleinen Clique mit vollkommen verluderten Sitten.
TIROLER TAGESZEITUNG
Kultur des Wegschauens statt Kulturpolitik? Lange gut gehen kann das, wie sich aktuell zeigt, nicht. Das betrifft auch eine Entwicklung, unter der bei Weitem nicht nur die Bundestheater seit Jahren stöhnen: Stetig steigende Personal- und Sachkosten bei gleichbleibenden Subventionen. Weil die Schere immer weiter aufklafft, forderte jüngst auch Bregenz-Intendant David Pountney eine Valorisierung. Damit wird sich die Kulturpolitik irgendwann beschäftigen müssen. Mit der Sinnhaftigkeit einer Einrichtung wie der Bundestheater-Holding sowieso.
DIE PRESSE
Kontrolle und Politik haben komplett versagt. Man konnte sich weder entschließen, den Betrieb (teures Repertoire) einzuschränken, noch dazu, die staatlichen Zuwendungen zu erhöhen. Jetzt sind alle bestürzt. Das wirklich Bestürzende ist, dass die Lage nicht überraschend ist. Was wird passieren? Hoffentlich nichts, was die Bühnen allzu sehr schädigt. Vorerst werden Kommissionen gebildet, Räte berufen, das ist so österreichisch wie lächerlich. (...) Wir ahnen: Fragen werden keine beantwortet, es wird weitergewurstelt.
OBERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN
Ausgerechnet in der Kultur bekommt das Bild vom österreichischen Affärentheater Konturen, hier wird es Spektakel. So preiswert Politiker im Dunst der Kunst zuerst ins Gespräch und nun ins Gerede kommen, so billig sieht die finanzielle Unordnung bei der Bundestheater-Holding angesichts der versenkten Milliarden bei Hypo oder Buwog aus. Das ist kein hinkender Vergleich und schon gar keine läppische Verniedlichung bodenloser Überheblichkeit von Kulturmanagern, sondern es verschlimmert die Sache. Ausgerechnet dort, wo der Mensch nicht bloß unterhalten werden, sondern seine Sensibilitäten für alles Widerwärtige schärfen will, dort haben sich Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) und Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer blind und taub gestellt.
SALZBURGER NACHRICHTEN
Einerseits werden Forderungen nach Künstler-Sozialversicherung abgeschmettert; kleine wie große Institutionen werden ohne Subventionserhöhung bis zur Selbstausbeutung getrieben. Andrerseits sitzt der ministerielle Geldbeutel locker: Da wird das sowieso fürstliche Gehalt Georg Springers mit „Leistungsprämien“ aufgefettet. Da wird ein Wirtschaftsprüfer vom Ministerium mit 175.000 Euro nur dafür entlohnt, dass er mündlich berichtet haben soll. Ja, in Österreich gibt es eine Zwei-Klassen-Kultur: die Normalkultur, die sparen muss, und die in einem System von GmbH-Aufsichtsräten und Ministerialbürokratie wattierte Hochkultur mit datenschutzgesicherten Spitzengehältern samt Leistungsprämien (...) Vielleicht hat der Rechnungshof nun ans Licht gebracht: Dieses „System Hochkultur“ hat versagt.
KURIER
Und genau das ist die Frage, die sich keiner so recht zu stellen getraut: Was will man künftig von der Kultur? Das Gleiche, nur billiger? Das ist ein Wunsch ans Christkind, der nicht erfüllt werden wird. Will man ein geringeres Angebot? Schlechtere Qualität? Was das für ein Kulturland heißt - und wie schnell es unwiderruflich bergabgehen kann -, sieht man in Italien und Spanien. Der Schaden ist angerichtet. Er möge nicht größer werden.
DER STANDARD
Mit ein paar Anmerkungen lieferte der RH zudem einen Vorgeschmack auf den Bericht über das Burgtheater, den Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) in Auftrag gab. Es wird u. a. erwähnt, dass die Burg 2009 ihre Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aufgrund einer hohen Anzahl von Neuproduktionen im Zuge des Direktionswechsels erhöhte. Dies hatte gröbere Liquiditätsprobleme zur Folge. Erwähnt werden auch die enorm vielen Barauszahlungen - nicht nur an Gastschauspieler, sondern auch an Beschäftigte. Höchst pikant sind jene an Hartmann. Der Direktor behob z. B. ein Regiehonorar in der Höhe von 40.000 Euro am 26. Juli 2010 in bar - und zahlte das Geld am 27. August auf Anraten seiner Steuerberaterin wieder bar ein.
KLEINE ZEITUNG/NEUE VORARLBERGER TAGESZEITUNG
Georg Springer muss einen glänzenden Draht nach oben gehabt haben: „Seit 1999 wurde seine Position nie öffentlich ausgeschrieben, obwohl dies das Stellungsbesetzungsgesetz vorsah.“ 2011 erhielt er zusätzlich zu seinem Gehalt einen „Zuschlag von rund 36,9 Prozent“ und brachte es damit auf ein stolzes Jahressalär von rund 258.000 Euro. Er erhielt jährlich Prämien von rund 20.000 Euro „für Leistungen, die als Aufgaben in seiner Arbeitsplatzbeschreibung enthalten waren oder den üblichen Tätigkeiten eines Geschäftsführers entsprachen“.
WIENER ZEITUNG
Es sind alles Kritikpunkte, die berechtigt oder gar empörend sind. Gustostückerl sind wohl jener Wirtschaftsprüfer, der für ein beachtliches Honorar nur mündliche Berichte lieferte, und die Prämien für Georg Springer, die er für Leistungen erhielt, die mit seinem Geschäftsführergehalt abgedeckt gewesen wären. Dieser Rechnungshofbericht nimmt aber auch die Politik in die Verantwortung, und das ist wohl an der Zeit.