Der Stoff, aus dem die Träume sind
Eine junge Außerferner Modedesignerin arbeitete drei Monate bei Vivienne Westwood in London. Christina Nahler (24) wurde schon bei der Fashion Week in Berlin prämiert und peilt eine internationale Karriere an.
Von Helmut Mittermayr
München, Wängle –London, Paris, Berlin, München, Wien – bisherige Stationen der Modedesignerin Christina Nahler lesen sich schon wie das Who’s who der Branche – dabei ist die 24-jährige Außerfernerin gerade erst einmal mit der Ausbildung fertig. Erste Preise und Auszeichnungen scheinen aber den Weg in die internationale Fashionwelt vorzugeben. Einer fixen Anstellung in einem großen Haus steht nichts im Wege.
Christina Nahler aus Wängle erlernte nach der Matura in Reutte an der Modeschule Herbststraße in Wien das Handwerk von Grund auf. Mehrere Monate Mitarbeit bei der bekannten österreichischen Designerin Lena Hoschek folgten. Dann legte Nahler noch eins drauf und besuchte drei Jahre lang in München die Internationale Modeschule ESMOD. Die weltweit agierende „École Superieure des Arts et Techniques de la Mode“ ist eine Privatschule und legt ihre Schwerpunkte auf Modelisme (Modellmacher) und Stylisme (Modedesign). Zum Abschluss durfte sich die Wänglerin über den Prix Créatif freuen. Jenen Preis, den ESMOD an die kreativste Schülerin des ganzen Jahrgangs vergibt. Eine große Auszeichnung bekam sie heuer auch vom größten Jeansproduzenten der Welt, bei dem sie an einem Wettbewerb teilgenommen hatte, verliehen. Bei der Berliner Fashion Week wurde ihr der Preis ISKO, I-Skool Competition-Best Wash, übergeben. Verbunden damit waren unter anderem Besuche von Fertigungsstätten bekannter Marken wie Diesel in Italien und die Zusage der Komplettfinanzierung eines weiteren Praktikumsplatzes.
Besonderen Eindruck bei Nahler hat das dreimonatige Praktikum bei Vivienne Westwood in London hinterlassen. Auch wenn es – wie in der Branche üblich – dafür keine Bezahlung gab und alles selbst finanziert werden musste. „Interessant war, dass die Arbeitsabläufe dort exakt dieselben waren wie in der Schule vermittelt. Nur dass alles viel größer war. Fünf Meter lange Schnitte aus Papier – ein Wahnsinn. Aber auch bei Westwood war nicht alles ,High end‘. Und es gab auch Chaos, vor allem, als die Fashion Week Paris näher kam. Dann hieß es unvorstellbar viel arbeiten“, erzählt Nahler. Sie habe in London sehr viel gelernt. Etwa das englische Vokabular für die Arbeitsmaterialien oder in großen Teams zu arbeiten. Und Selbstvertrauen gesammelt: „Überhaupt dorthin zu gehen, sich zu etablieren und völlig auf sich allein gestellt zu behaupten. Das ist schon gut“, strahlt sie übers ganze Gesicht.
Die Entwürfe von Westwood wie ihr Mustermix haben Christina Nahler sehr gut gefallen. Dieses Intuitive ist auch meins“, strotzt die junge Frau geradezu vor Selbstvertrauen. Ihre eigene Arbeit einzuordnen, fällt ihr schwer, einen Stil gebe es nicht, aber: „Verkehrte Proportionen, Lagenlook, offene Röcke, Unter- und Überlängen, Mustermix – und besondere Motive.“ So ist ihr Lieblingsgemälde „La Liberté“ von Delacroix nicht nur als Tattoo auf ihrem Arm verewigt, sondern kommt auch gemischt mit Karos in vielen Entwürfen vor.
Christina Nahler kennt auch Schwächen: Ihre prämierte Arbeitsmappe hieß Brainchild, ähnlich einer Kopfgeburt. Die unzähligen Ideen, die ihr im Kopf umgehen, zur „Welt kommen zu lassen“, in haptische Handarbeit zu übersetzen, das seien schwierige Abläufe. Viel zu arbeiten mache ihr aber nichts aus. Das sei in der Modebranche üblich. In wenigen Tagen hätte sie bei einem bekannten Label in London fix anfangen können. Sie will den Termin eher verstreichen lassen und sich lieber noch bei KTZ international bewerben.