Akademikerball: „Landfriedensbruch“ in StGB-Reformgruppe kein Thema

Wien (APA) - Der umstrittene Paragraf im Strafrecht über den „Landfriedensbruch“ ist in der Reformgruppe zum Strafrecht kein Thema. Das sagt...

Wien (APA) - Der umstrittene Paragraf im Strafrecht über den „Landfriedensbruch“ ist in der Reformgruppe zum Strafrecht kein Thema. Das sagte Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, am Donnerstag zur APA. Er verwies aber darauf, dass der Paragraf im Herbst wohl Thema werden dürfte: „Nach Vorliegen des Berichtes wird ohnedies eine breite politische Diskussion stattfinden“, so Pilnacek.

Der Paragraf (§274 StGB) sei „aus Zeitgründen“ in der Reformgruppe (die bis Herbst ihre Ergebnisse vorlegen wird) bisher nicht konkret besprochen worden - und wird auch nicht mehr angesprochen, wie der Sektionschef sagte, der in der Expertengruppe als Leiter fungiert. Er verwies darauf, dass es seitens der Oppositionsparteien aber auch der SPÖ bereits „entsprechende Initiativen im Nationalrat“ gebe, daher werde im Herbst „sicher eine Diskussion stattfinden“.

Ein Sprecher des Justizressorts betonte gegenüber der APA, dass sich die Ressortführung in die Arbeit der Expertengruppe keinesfalls einmischen werde, diese arbeite „ohne Zuruf“ von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Man werde sicher nicht einzelne Reformen angehen, bevor der Bericht der Gruppe vorliege, sagte der Minister-Sprecher. Auch er betonte, dass es im Rahmen der gesamten Strafrechts-Reform auch eine Diskussion über den umstrittenen Paragrafen geben werde. Die Strafrechts-Reform soll bis 2015 beschlossen werden, geplant ist u.a., das seit langem kritisierte Ungleichgewicht von Strafen für Delikte gegen Leib und Leben gegenüber Vermögensdelikten zu verringern.

Die Gesetzesbestimmung des „Landfriedensbruchs“ stand zuletzt in Kritik, nachdem der 23-jährige deutsche Student Josef S., der am 24. Jänner 2014 an der Demonstration gegen den Akademikerball teilgenommen hatte, am Dienstag (nicht rechtskräftig) wegen Landfriedensbruchs, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung zu zwölf Monaten Haft, davon vier unbedingt, verurteilt worden war. Im Strafgesetzbuch beschreibt der Paragraf 274 den Tatbestand als wissentliches Teilnehmen an einer „Zusammenrottung“, die auf Mord, Totschlag, Körperverletzung oder schwere Sachbeschädigung abzielt. Das Strafmaß ist mit zwei bzw. drei Jahren bemessen, je nachdem, ob „führend“ an der „Zusammenrottung“ teilgenommen wurde.

Kritik am Urteil gegen Josef S. kam am Donnerstag von der globalisierungskritischen NGO Attac, die sich „schockiert“ zeigte. Das Urteil stehe „in der Tradition von Prozessen wie jenen gegen die Refugees und die TierschützerInnen“. Mit „Gummiparagraphen“ (wie dem Mafiaparagraphen §278 und dem Landfriedensbruch-Paragraphen §274) würden „progressive Bewegungen und nun auch einzelne Personen mit Prozessen überhäuft“, so Attac. Besonders „beklemmend“ sei im jüngsten Fall, dass Josef S. „aufgrund eines einzelnen, sich widersprechenden Zeugen verurteilt wurde“.