Arbeitsmarkt

Beschwerde-Homepage für enttäuschte Praktikanten

Die „Plattform Generation Praktikum“ will Praktikanten richtige Jobs verschaffen. Anonyme Anzeigen bei den Krankenkassen sollen vor Missbrauch schützen.

Von Verena Langegger

Innsbruck, Wien –„Wir Ferialpraktikanten haben die Aufgaben der sich im Urlaub befindenden Kollegen übernommen und Wochenenddienste übernommen. Bezahlt bekamen wir nichts, nicht einmal Fahrtkosten“, erzählt die 25-jährige Wirtschaftswissenschafterin Judith von ihrem Praktikum bei einem deutschen Kommunikationskonzern. Auch mit einem naturwissenschaftlichen Abschluss sieht es nicht besser aus. Stefanie, 29-jährige Biologin, kann für sich derzeit keine berufliche Perspektive erkennen. Sie habe sich durchaus bemüht, sei sogar für eine Stelle nach München gezogen. Versprochen wurde ihr ein Gehalt von 2000 Euro brutto. Die Stelle war allerdings prompt nicht frei, man empfahl ihr, sich um ein Forschungsstipendium zu bemühen. Schließlich erhielt Stefanie tatsächlich ein Stipendium über 800 Euro brutto, ein Leben in München war aber ohne finanzielle Unterstützung nicht möglich. „Für Eltern reicher Kinder ist das möglich, aber für Studierende, die sich selbst erhalten, geht so etwas finanziell gar nicht.“ Und auch nach ihrem Abschluss gab es weder einen regulären Dienstvertrag noch ein weiteres Forschungsstipendium. Die berufliche Perspektive blieb trist.

Für Veronika Kronberger sind diese Schicksale keine Seltenheit. Als gelernte Fotografin hat sie selbst bei Praktika die Arbeit von Angestellten erledigt. Seit zwei Jahren leitet sie den Verein „Plattform Generation Praktikum“. Sie versucht Arbeitgeber zu sensibilisieren. Immerhin zwei Drittel aller Praktikumstellen in Österreich seien unbezahlt. „Es ist eigentlich nicht gut für den Ruf eines Unternehmens, wenn es, um Geld zu sparen, seine Praktikanten nicht anstellt oder zu Mini-Löhnen ausnutzt.“ Denn ein schlechter Nachgeschmack bleibe.

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wollen Unternehmen Personalkosten sparen. Karenzstellen werden nicht nachbesetzt, Urlaubsvertretungen von Ferialpraktikanten erledigt. Gesetzeskonform sei das nicht, sagt Kronberger. Denn es müsse genau geregelt werden, was ein Praktikant verdiene, was er zu erledigen habe und was er lernen könne.

Seit viele Universitätsstudien Pflichtpraktika vorschreiben, gebe es eine regelrechte Praktikantenschwemme. Man könne unter höchsten Qualifikationen auswählen. Trotzdem gebe es kaum Möglichkeiten, die Studierenden so einzusetzen, dass es ihnen tatsächlich auch für ihr Studium etwas bringe. „Natürlich regt sich niemand über seinen Arbeitgeber auf“, sagt Kronberger. Man sei auf potentielle Arbeitgeber ja auch nach dem Studium angewiesen. Die Gewerkschaft will die Unternehmen deshalb mit anonymen Anzeigen bei den Krankenkassen verstärkt unter Druck setzen. Denn auch den Kassen gehen Beiträge verloren, wenn Praktikanten monatelang angestellte Mitarbeiter ersetzen. Das längste unbezahlte Praktikum, von dem ihr berichtet wurde, habe 14 Monate gedauert.

Zu finden seien die schlecht bezahlten und perspektivlosen Arbeitsverhältnisse immer öfter und in fast allen Bereichen. In IT-Jobs, in Museen, Kultureinrichtungen, in Kommunikationsbetrieben oder in der Wissenschaft. Mit einem weiteren Märchen will Kronberger aus Erfahrung aufräumen: „Praktikanten werden in der Regel nicht übernommen.“ Obwohl motivierte Praktikanten mit einem Versprechen auf Anstellung oft gelockt würden.

In Großbritannien wird bereits öffentlich gegen die Ausbeutung von Praktikanten mobilgemacht. Mit einem „Schwarzbuch der Arbeitgeber“ werden Unternehmen, die ihre Nachwuchsarbeitskräfte ausnützen, angeprangert. Kronberger hofft, dass das in Österreich nicht notwendig sein wird.

Vor zwei Wochen rief sie trotzdem eine Homepage ins Leben, auf der Studierende ihre Berichte über Praktikas posten und Unternehmen anonym melden können. Bisher wurden mehr als 20 Betriebe genannt.

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