Flug MH17 - Der lange Zug der Trauer in den Niederlanden
Den Haag/Kiew (APA/dpa) - Ein Land in Trauer: In den Niederlanden erweisen Tausende Menschen den Opfern der Flugzeugkatastrophe die letzte E...
Den Haag/Kiew (APA/dpa) - Ein Land in Trauer: In den Niederlanden erweisen Tausende Menschen den Opfern der Flugzeugkatastrophe die letzte Ehre. Sie trauern mit den Angehörigen. Die Menschen warten geduldig am Straßenrand, bis die schwarzen Leichenwagen vorbeiziehen.
Eine lange Kolonne schwarzer Leichenwagen fährt durch die niederländische Landschaft. Wie ein endloser Trauerflor schlängelt er sich über die Autobahnen. Tausende Menschen stehen auf den Viadukten und im Gras am Straßenrand. Es ist das Bild eines Landes in Trauer.
Die 74 Leichenwagen bringen an einem warmen Donnerstagabend Opfer des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine vom Flughafen in Eindhoven nach Hilversum bei Amsterdam. Gut 100 Kilometer quer durch das Land. Zum zweiten Mal machen sie diese traurige Fahrt. Freitag und Samstag sollten weitere folgen.
Die Familie de Haan sitzt auf einer Decke am Straßenrand bei Hilversum. Vater Marcel, Mutter Inge und die drei Töchter Lotte, Mienke und Tessa. Zwei Stunden schon warten sie in der Sonne. „Gestern haben wir die Bilder im Fernsehen gesehen, das war so beeindruckend“, sagt der Vater. „Ich musste auch weinen“, gibt die elfjährige Tessa verlegen zu. Und ihre beiden blonden Schwestern nicken: „So schlimm.“
„Wir mussten einfach hierherkommen“, sagt Marcel de Haan. Die Familie kommt aus Rijssen, nahe der deutschen Grenze. 130 Kilometer sind sie gereist, um den Opfern des Absturzes von Flug MH17 eine letzte Ehre zu erweisen.
„Es ist doch wichtig, dass wir als Land zeigen, wie sehr wir alle miteinander verbunden sind“, sagt Inge de Haan. „Das wollen wir auch unseren Kindern mitgeben.“
Dicht gedrängt stehen die Menschen an der Straße. Manche haben Blumen dabei, weiße Rosen. Eine Frau hält zwei Kuscheltiere im Arm. „Ich will den Opfern meinen Respekt erweisen und den Angehörigen“, sagt Marianne van der Laan (44). Vier ihrer Bekannten saßen in der Maschine, die vor einer Woche in Amsterdam gestartet war und dann über dem Kampfgebiet in der Ostukraine vermutlich mit einer Rakete abgeschossen wurde. „Das ist doch das mindeste, was ich tun kann“, sagt sie.
Der 70-jährige Jaap Erades kann das Drama noch immer nicht ganz fassen. „Hier aus Hilversum kamen drei Familien, 13 Menschen“, sagt er. Der kräftige Mann neben ihm im schwarzen T-Shirt nickt. „Es sind alles Kriegsopfer“, sagt Gert-Jan Greeve. Sie verdienten das nationale Gedenken, fügt der 50-jährige Soldat hinzu.
Hunderte warten an diesem Abend am Utrechtseweg in dem Villenviertel. Das Ausflugslokal De Rading an der Ecke hat die Flagge auf halbmast gesenkt. Es ist sehr ruhig - bis Hubschrauber am Himmel auftauchen. Dann kommen sie. Ein Leichenwagen nach dem anderen, begleitet von einer Polizeieskorte. Die Menschen werden stumm, manche falten die Hände. Andere wieder klatschen Beifall. Blumen werden auf die Wagen geworfen. Die drei kleinen Mädchen fangen an zu weinen.
Durch die Fenster sieht man die einfachen Holzsärge. Darauf Aufkleber mit einer Nummer: HR 128 zum Beispiel. Human Remains - Menschliche Überreste. Der Zug biegt ab, in Richtung Kaserne. Dort sollen alle 298 Opfer identifiziert werden. Und ihren Namen zurückbekommen.