Kontroverse um Natura-2000-Ausweisung der Isel in Tirol

Innsbruck (APA) - In der Diskussion um das Ausmaß der Natura-2000-Ausweisung der Isel in Osttirol haben sich die Fronten verhärtet. Die Grün...

Innsbruck (APA) - In der Diskussion um das Ausmaß der Natura-2000-Ausweisung der Isel in Osttirol haben sich die Fronten verhärtet. Die Grüne LHStv. Ingrid Felipe präsentierte den Vorschlag des Landes, der eine Ausweisung der gesamten Isel und der „Kernhabitate“ vorsieht. Bürgermeister von betroffenen Osttiroler Gemeinden laufen dagegen Sturm und fordern ein Machtwort von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

Felipe erklärte nach einer Diskussionsrunde mit Bürgermeistern und Interessensvertretern am Donnerstagabend in Kals am Großglockner, dass die „wesentlichen fachlichen Standpunkte“ abgeklärt worden seien. Im Rahmen der Veranstaltung präsentierte sie ein vom Land Tirol in Auftrag gegebenes Gutachten, das eine großflächige Unterschutzstellung vorschlägt. Die gesamte Isel und die Kernhabitate der Schwarzach, des Tauern- und Kalserbachs sollten danach als Schutzgebiet ausgewiesen werden. Dies schlagen die Experten eines Lienzer Naturraumplanungs-Büros vor. Damit würde weitgehend den Empfehlungen der EU-Kommission gefolgt.

Die Argumente der verschiedenen Interessensgruppen würden jetzt in den Entwurf der Tiroler Landesregierung eingehen, der im September als Nachnominierungsvorschlag an die EU-Kommission ergehen soll, kündigte Felipe an. Landeshauptmann Platter ließ auf APA-Anfrage mitteilen, dass es „am Ende eine gemeinsame und abgestimmte Regierungsvorlage“ geben werde. Eine Einbindung der Osttiroler Bevölkerung und Bürgermeister sei ihm in diesem Zusammenhang sehr wichtig. „Neben den ökologischen Vorgaben der EU, die umzusetzen sind, ist eine weitere wirtschaftliche Perspektive für den Bezirk ganz entscheidend“, sagte der Landeshauptmann. Jetzt würden einmal die Argumente der verschiedenen Interessensgruppen gesichtet. Die beiden LHStv. Josef Geisler (ÖVP) und Felipe sowie der für die Gemeinden zuständige Landesrat Johannes Tratter (ÖVP) würden dann einen ersten Entwurf ausarbeiten.

Weniger gelassen gaben sich unterdessen die Bürgermeister der an der Isel liegenden Gemeinden, die nur Teile des Flusses und seiner Zubringer als Natura-2000-Gebiet ausweisen wollen. Der Bürgermeister von Matrei in Osttirol und ÖVP-Bundesrat Andreas Köll griff Felipe frontal an. „Die Grünen diktieren die Politik in Tirol. Es herrscht absoluter Stillstand“, kritisierte der ehemalige LAbg. und ÖAAB-Landesobmann im Gespräch mit der APA. Er werde auch Belege für eine „politische Einflussnahme“ auf Naturschutzverfahren vorlegen können.

Felipe habe bei der Diskussion in Kals den Bürgermeistern „das Wort verweigert“ und die Veranstaltung „unprofessionellerweise selber moderiert“. Das Ganze sei ein demokratiepolitischer Skandal. Die generelle Vorgangsweise in dieser Frage laufe so unprofessionell ab, wie er es noch nie zuvor erlebt habe, polterte Köll. Platter sei nun „höchstpersönlich gefordert“. Es könne nicht sein, dass in der Landesregierung „der Schwanz mit dem Hund wedelt“. Er gehe jedoch davon aus, dass es sich bei dem von der LHStv. präsentierten Vorschlag um keinen Regierungsvorschlag handelt. Zur Untermauerung dessen berichtete Köll von einer SMS des Landeshauptmannes, die er während der Sitzung am Donnerstag erhalten habe. Darin habe sich Platter entsprechend geäußert.

Köll befürchtete bei einer Natura 2000-Nominierung der gesamten Isel unter anderem das Aus für vier geplante Wasserkraftwerke, bei denen derzeit bereits die Verfahren laufen würden. In Tirol gebe es in diesen Fragen ohnehin schon strengere Regeln als anderswo. Während auf EU-Ebene etwa Kraftwerke in Natura-2000-Schutzgebieten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig seien, sei in Tirol eine Novelle geplant, mit der dort keine oberirdischen Kraftwerksanlagen mehr möglich wären. Der Bundesratsabgeordnete brachte auch eine mögliche Volksbefragung in den betroffenen Osttiroler Gemeinden ins Spiel.

Begrüßt wurde der nunmehrige Vorschlag der Abteilung Umweltschutz des Landes hingegen vom WWF. Der Vorschlag deckt sich zum Teil mit jenen der Umweltschutzorganisationen, hieß es in einer Aussendung. Der gesamte Lauf der Isel ab der Grenze des Nationalparks bis nach Oberlienz solle geschützt werden, die Ober- und Unterläufe der Zubringer Schwarzach, Kalserbach und Tauernbach seien allerdings ausgenommen. „Aus unserer Sicht ist die Nicht-Nominierung bestimmter Abschnitte der Zubringer nicht nachvollziehbar, auch wenn mit der Ausweisung der gesamten Isel schon ein richtiger Schritt gemacht wurde“, erklärte der WWF. Die Ausweisung der gesamten Flussstrecken bleibe weiterhin das „oberstes Ziel“.