Wirtschaftspolitik

Lotterie soll Steuerbetrug eindämmen

Bis zu eine Mrd. Euro hinterziehen Österreichs Firmen pro Jahr an Umsatzsteuer. Finanzstaatssekretärin Steßl fordert eine Beleg-Lotterie sowie eine strengere Beleg- und Registrierkassenpflicht samt Strafen. WK: „Unseriöse Idee.“

Wien –Mit dem Einkaufsbeleg zum Hauptgewinn: Kassenzettel sollen in Österreich künftig den Steuerbetrug eindämmen und zur Ehrlichkeit erziehen. Das regt SPÖ-Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl an. Nach dem Vorbild von Ländern wie der Slowakei, Schweden oder Taiwan könnten dann neue Nummern auf den Belegen aus Supermärkten, Geschäften oder Lokalen die Bürger zum Mitmachen bei einer staatlichen Lotterie ermächtigen. In der Slowakei können die Einkäufer beispielsweise 10.000 Euro gewinnen, in Portugal gibt es Sachpreise zu ergattern.

Um an der Lotterie teilnehmen zu können, müssen die Bürger nach dem Einkauf eine Rechnung einfordern und die dort verzeichnete Nummer per SMS, E-Mail oder Schein in der Lottoannahmestelle registrieren lassen. Ziel einer Lotterie sei es, die Konsumenten anzuregen, aktiv nach Belegen zu fragen.

Hintergrund des Vorstoßes ist das koalitionsinterne Ringen um die Steuerreform. Die SPÖ will ein Paket gegen Betrug bei der Umsatzsteuer schnüren – die angedachte Lotterie wäre ein Teil davon. Die Einnahmen daraus sollten zur Gegenfinanzierung der geforderten Steuersenkungen herangezogen werden, erläuterte Steßls Sprecher Leo Szemeliker.

Auf eine Summe zwischen 500 Millionen und 1 Milliarde Euro schätzen die Beamten des Finanzministeriums laut Szemeliker den Schaden, der durch Betrug mit Registrierkassen und Hinterziehung der Umsatzsteuer pro Jahr entstehe. In der Slowakei erwarte sich das Finanzministerium durch das Lotto zusätzliche Einnahmen von 150 Mio. Euro – das entspreche in Relation zur österreichischen Wirtschaftsgröße 500 Millionen Euro.

„Wir sind eines der Länder mit den am wenigsten strengen Regeln“, betonte Szemeliker. Tatsächlich zählt Österreich zu einer Minderheit an Staaten in Europa, die keine umfassende Registrierkassen- und Belegpflicht haben. Die meisten Staaten verpflichten den gesamten Einzelhandel und die Gastronomie zur Verwendung elektronischer Registrierkassen und zur Ausstellung von Belegen, welche die Konsumenten im Fall einer Kontrolle im Lokal auch nachweisen müssen – so handhaben das etwa Italien und neun weitere EU-Länder.

Betrug bei der Umsatzsteuer ist laut den Angaben aus dem Finanzministerium unter anderem auch daher möglich, weil zunehmend Programme zum Tricksen an den Kassen verfügbar sind. „Gerade die weit verbreiteten Registrierkassen sind besonders anfällig für solche systematischen Umsatzverkürzungen“, schreibt Steßl in ihrer Forderung. Eine Möglichkeit, dem zu begegnen, wären digitale Signaturen. Die SP-Staatssekretärin wünscht sich „das schwedische Hightech-Modell zur Bekämpfung der Umsatzverkürzung“. Dieses sehe vor, nur genehmigte Registrierkassen zu verwenden – samt Signatur und externen Kontrollen. Bei einem Verstoß drohe dabei eine Strafe von umgerechnet 1000 Euro.

Die Wirtschaftskammer Österreich hält von Steßls Vorschlägen gar nichts. Die Lotterie-Idee sei nicht nur eine „zweifelhafte Maßnahme zur Bekämpfung von Steuerbetrug“, sondern auch „realitätsfern und rechtlich unausgegoren“, teilten die Bundessparten Handel sowie Tourismus und Freizeitwirtschaft am Freitag mit.

Bei der Konsolidierung des Bundeshaushalts dürfe man nicht „unseriösen Ideen“ verfallen, erklärte die WKO. Unter anderem bleibe völlig unklar, wie die Abwicklung einer solchen Lotterie passieren solle und ob diese mit dem österreichischen Glücksspielgesetz überhaupt vereinbar sei.

Die von Steßl angedachten strengen Registrierpflichten würden bereits bestehen, betonten die Unternehmensvertreter. Und eine Registrierkassenpflicht für alle Unternehmen würde vor allem Kleinstbetriebe im Handel, der Gastronomie und dem Gewerbe, die bislang keine Registrierkasse verwenden, mit zusätzlichen Kosten belasten. (wer)