Fünf Schuldsprüche im Testamentfälscher-Prozess
Im zweiten Rechtsgang des Prozesses um Testamentsfälschungen am Bezirksgericht Dornbirn sind am Freitagnachmittag am Landesgericht Salzburg Schuldsprüche für alle fünf Angeklagten gefallen.
Salzburg/Dornbirn/Feldkirch - Nachdem der Oberste Gerichtshof im Vorjahr Teile der erstinstanzlichen Schuldsprüche aufgrund von Feststellungsmängeln gekippt hatte, ist am Freitag am Landesgericht Salzburg die zweite Auflage des Prozesses um Testamentsfälschungen am Bezirksgericht Dornbirn zu Ende gegangen. Alle fünf Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Im Vergleich zum ersten Rechtsgang hat sich bei den Urteilen im Grunde nicht viel geändert. Bei fast allen Angeklagten wurde allerdings aufgrund der langen Verfahrensdauer das Strafmaß reduziert. Der geständige Hauptbeschuldigte H., ehemals Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, erhielt sechs Jahre unbedingte Haft und damit um ein Jahr weniger als im ersten Rechtsgang. Für die nicht geständige Richterin, suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, fiel die Strafe von 32 Monaten, davon 22 Monate bedingt, heute geringfügig höher aus.
Vorsitzende Richterin schockiert
In ihrer mehr als zwei Stunden dauernden Urteilsbegründung schilderte die vorsitzende Richterin des Schöffensenates, Christina Rott, wie schockiert sie über den Inhalt des Aktes gewesen sei. Durch die „immense Dreistigkeit, Abwegigkeit und Verwerflichkeit“ der Angeklagten „wurde der Justiz ein extrem hoher Schaden zugefügt“, und auch den Geschädigten der Testamentsfälschungen. „Ich hoffe der Gesellschaft ist bewusst, dass es in Österreich faire Richter gibt. Ich habe mich bemüht, das Verfahren fair zu führen und die materielle Wahrheit zu finden“, betonte Rott. Es gebe in jeder Berufssparte „schwarze Schafe“, sie hoffe aber, dass jetzt einige wieder Vertrauen in die Justiz erlangen können.
Bei H., ehemals Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, erging der Schuldspruch wegen Amtsmissbrauchs, gewerbsmäßigen schweren Betrugs, Beitrags zu letztgenanntem und wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden. H. hatte mit seinem unfangreichen Geständnis wesentlich zur Aufklärung der Causa beigetragen. Bei einer Hausdurchsuchung stellten Ermittler in einer Reisetasche 785 Fälscher-Unterlagen sicher.
Sein gleichaltriger ehemaliger Schulfreund H. hat die Taten ebenfalls gestanden und wurde am Freitag wegen Amtsmissbrauch als Beteiligter und gewerbsmäßig schweren Betruges zu drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Im ersten Verfahren hatte er noch fünf Jahre unbedingte Haft erhalten. Er soll Erben für gefälschte Dokumente aufgetrieben haben und unter anderem seinen Onkel als „Scheinerben“ nominiert haben. Über die nichts ahnenden „Strohmänner“ soll das Vermögen am Ende bei den Justizbediensteten gelandet sein.
Die Vorsitzende bezeichnete H. als einen „vorbildlichen Angeklagten“. Er sei von Anfang an geständig gewesen und habe sich bis zum Schluss bemüht, den Schaden wiedergutzumachen. Das gehöre auch belohnt, erklärte Rott. Weil H. schon die Halbstrafe verbüßt hatte, wurde er heute von der Vorsitzenden bedingt entlassen.
Angeklagte Richterin beteuerte Unschuld
Die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichtes Feldkirch hatte auch im zweiten Verfahren ihre Unschuld beteuert. Laut Anklage soll sie dafür gesorgt haben, dass mittels eines gefälschten Testaments in einer Verlassenschaft eines entfernten Verwandten ihre Mutter und ihre Tante als Erben zum Zug kamen, was sie vehement bestritt. Doch für den Schöffensenat bestand kein Zweifel: „Sie hat eine Fälschung eines Testamentes in Auftrag gegeben“, erklärte die Vorsitzende. Rott bezeichnete es als „hohen Gesinnungsunwert“, der hinter den Handlungen der Beschuldigten stand. Die Angeklagte erhielt eine Freiheitsstrafe von 32 Monaten, davon 22 Monate bedingt und zehn Monate unbedingt, wegen Amtsmissbrauchs als Beteiligte und Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beteiligte. Für sie hat sich das Strafausmaß leicht nach oben verändert - der bedingte Teil der Strafe wurde um zwei Monate erhöht.
T. , ehemaliger Leiter der Abteilung Außerstreitsachen am Bezirksgericht Dornbirn und ebenfalls nicht geständig, erhielt wegen Amtsmissbrauchs 32 Monate, davon 22 Monate bedingt. Er soll gemeinsam mit H., von dem er sich zu Unrecht belastet fühlt, in Verlassenschaftsverfahren, in denen keine engen Verwandten der Erblasser bekannt waren, gefälschte Testamente fabriziert und damit die rechtmäßigen Erben um ihre Ansprüche gebracht haben. Er wurde im ersten Verfahren zu drei Jahren teilbedingter Haft verurteilt, davon ein Jahr unbedingt. In einem Faktum hatte T. einen Freispruch erhalten.
Der ehemalige Grundbuch-Rechtspfleger M., ebenfalls nicht geständig, erhielt wegen Amtsmissbrauchs als Beteiligter und Beteiligung an schwerem Betrug 21 Monate, davon 19 Monate und zwei Wochen bedingt. Sechs Wochen wurden unbedingt ausgesprochen. In erster Instanz erhielt er zwei Jahre bedingte Haft. Er war im Tatzeitraum bereits pensioniert, gilt aber als „Ideengeber“ des Justiz-Skandals.
Die Schuldsprüche im ersten Rechtsgang gegen fünf von zehn Angeklagten sind seit dem Vorjahr alle rechtskräftig. Der Oberste Gerichtshof hatte im Oktober 2013 Teile der erstinstanzlichen Schuldsprüche gekippt. Der neu zusammengesetzte Schöffensenat musste nun prüfen, ob statt der zehn aufgehobenen Fakten, die als Amtsmissbrauch gewertet wurden, nicht das Delikt „Betrug“ infrage kommt. Das Gericht nahm in einigen Fakten wieder Amtsmissbrauch an.
Sechs Verlassenschaftsverfahren manipuliert
Im ersten Verfahren wurde zehn Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten im Zeitraum von 2001 bis 2008 am Bezirksgericht Dornbirn und „anderen Orten“ insgesamt 18 Verlassenschaftsverfahren manipuliert, um die Vermögenswerte an sich selbst umzuleiten. Im zweiten Rechtsgang waren noch sechs der 18 Verlassenschaftsverfahren Prozess-Thema.
Ein Teil der Schuldsprüche im ersten Verfahren (die Urteile ergingen am 31. Juli 2012, Anm.) war bei den neuerlich Angeklagten H., H., T. und M. bereits rechtskräftig geworden. Bei der Richterin wurde allerdings der Schuldspruch, der ein Verlassenschaftsverfahren betroffen hatte, vom OGH aufgehoben. Der Freispruch betreffend eines anderen Faktums wurde rechtskräftig.
Im zweiten Rechtsgang ist keines der gefällten Urteile rechtskräftig. Staatsanwalt Manfred Bolter (STA Feldkirch) hat keine Erklärung abgegeben. Auf Seite der Angeklagten hat der Anwalt der Richterin Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet. Der Verteidiger des Hauptangeklagten H. erbat hingegen Bedenkzeit. Der Anwalt von T. meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Die Verteidiger von M. und H. gaben keine Erklärung ab. Für H., T. und die Richterin habe das Strafmaß einen Amtsverlust zur Folge, erklärte die Vorsitzende. (APA)