1914/2014 - Historiker: Weltkrieg stellte Katholiken vor Zerreißprobe

Wien (APA) - Der Erste Weltkrieg hat die katholische Kirche nach Erkenntnissen des Kirchenhistorikers Hubert Wolf vor eine Zerreißprobe gest...

Wien (APA) - Der Erste Weltkrieg hat die katholische Kirche nach Erkenntnissen des Kirchenhistorikers Hubert Wolf vor eine Zerreißprobe gestellt. Einerseits habe sie sich als globale internationale Einheit mit dem Papst an der Spitze verstanden, andererseits habe es eine Vielzahl von nationalen Katholizismen gegeben, sagte Wolf der Münsteraner Kirchenzeitung „Kirche+Leben“ (Sonntag).

Die Nation habe damals pseudoreligiöse Züge angenommen und sich fast zu einer Ersatzreligion entwickelt, sagte Wolf laut einer Kathpress-Meldung vom Freitag. Die deutschen Katholiken seien von ihren französischen Glaubensgenossen massiv unter Druck gesetzt worden. „Wie könnt ihr deutschen Katholiken auf Befehl eines evangelischen Kaisers auf uns durch und durch katholische Franzosen schießen?“, habe es damals geheißen.

Wolf würdigte die Haltung von Papst Benedikt XV. (1914-1922), der schon zu Kriegsbeginn 1914 in äußerst scharfer Form den Kriegsausbruch und 1915 die „grauenhafte Schlächterei“ angeprangert habe. Sein Friedensappell im Jahr 1917 sei einzigartig gewesen. Seitdem trete die katholische Kirche als Friedensaktivistin auf, was auch außerhalb der Kirche wahrgenommen werde. Alle Päpste hätten sich seit Benedikt XV. mit der Legitimation von Gewalt äußerst zurückgehalten.

In dieser Linie stünden auch Papst Johannes Paul II. mit seiner Verurteilung des Irak-Krieges sowie der heutige Papst Franziskus. Auch wenn die Friedensinitiative von 1917 gescheitert sei, sei diese „ein starkes Signal mit Folgewirkung bis heute“. Benedikt XV. habe nach dem Krieg den Versailler Vertrag als „rachsüchtiges Diktat“ verurteilt und für einen Frieden geworben, der nicht auf Vernichtung der Besiegten gesetzt habe, sondern auf Versöhnung.