Nahost-Konflikt - USA und UNO für Waffenruhe - Weltweite Proteste
Gaza/Jerusalem (APA/dpa/AFP) - Ungeachtet der US-Initiative für eine Waffenruhe im Gazastreifen herrscht dort weiter Krieg. Israels Regierun...
Gaza/Jerusalem (APA/dpa/AFP) - Ungeachtet der US-Initiative für eine Waffenruhe im Gazastreifen herrscht dort weiter Krieg. Israels Regierung beriet am Freitag über den Plan von US-Außenminister John Kerry für eine rasche Feuerpause mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Jene prüften den Vorschlag ebenfalls, zunächst ohne offizielle Reaktion. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte bedingungslos eine humanitäre Waffenruhe.
Militante Palästinenser feuerten am Freitag erneut Raketen auf den Großraum Tel Aviv ab. In der Küstenstadt Ashkelon wurde ein Haus direkt getroffen. Die Zahl der Toten im Gazastreifen stieg auf über 830. Mindestens 5.400 Palästinenser wurden verletzt. Auf israelischer Seite starben mindesten 33 Soldaten und drei Zivilisten.
Einen im Gazastreifen vermissten Soldaten erklärte Israel inzwischen für tot. Die Hamas hatte behauptet, sie habe den Soldaten entführt. Ein Komitee des Militärs definierte ihn nun als „im Kampf getöteten Soldaten, dessen Bestattungsort unbekannt ist“.
Nach Kerrys Vorstellungen sollen mit Einstellung der Kämpfe von Sonntag an unter ägyptischer Vermittlung Gespräche über eine längerfristige Friedenslösung aufgenommen werden, wie die israelische Zeitung „Haaretz“ am Freitag berichtete. Israel darf demnach in dem Zeitraum weiterhin Tunnel im Gazastreifen zerstören, die die Hamas für Angriffe auf Israel oder andere militärische Zwecke gebaut hat. Kerry erwartete noch am Freitag Antworten, wie es hieß.
Die Hamas in Gaza reagierte zunächst nicht auf Kerrys Vorschlag, prüfte ihn aber laut palästinensischen Medienberichten. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu traf in Katar ein, um Hamas-Exilchef Khaled Mashaal zu treffen. Katar und die Türkei gelten als die letzten Verbündeten der Hamas.
Das israelische Sicherheitskabinett beriet am Nachmittag über die Vorschläge des Verbündeten USA. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ließ zunächst keine Bereitschaft erkennen, die Angriffe einzustellen. Rechtsorientierte Minister forderten am Freitag eine Fortsetzung und sogar Verstärkung der Angriffe im Gazastreifen. Der israelische Rundfunk berichtete, die Armee sei angewiesen worden, sich auf eine „echte Ausweitung“ der Offensive in der kommenden Woche vorzubereiten, sollte Hamas die vorgeschlagene Feuerpause ablehnen.
Die israelische Luftwaffe zerstörte nach palästinensischen Angaben das Haus des Hamas-Führers Salah Bardawil in Khan Junis im Süden des Gazastreifens. Dabei habe es keine Verletzten gegeben. Bei einem anderen Angriff im Süden des palästinensischen Gebiets sei ein örtlicher Führer des radikalen Islamischen Jihad getötet worden. Der 45-jährige Salah Abu Hassanin und sein 15-jähriger Sohn seien bei dem Luftangriff in Rafah ums Leben gekommen.
Beim folgenschwersten Angriff am Donnerstag starben in einer UN-Schule voller Flüchtlinge nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen. Mehr als 200 Schutzsuchende seien in dem Gebäude in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen verletzt worden. Israels Armee spricht inzwischen von einem „Fehlschuss“ auf die UN-Schule, entweder durch die eigenen Streitkräfte oder die Hamas.
Bei gewaltsamen Protesten tausender Palästinenser im Westjordanland wurden nach Angaben von Rettungskräften am Donnerstagabend und Freitag sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt. Drei der Opfer kamen durch Schüsse des israelischen Militärs ums Leben. Zwei weitere, einen 22-Jährigen und einen 17-Jährigen, erschoss ein jüdischer Siedler in der Nähe von Nablus.
Obwohl Palästinenser weiterhin Raketen Richtung Großraum Tel Aviv und Flughafen Ben Gurion schießen, hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA ihr Flugverbot am Donnerstag wieder aufgehoben. Auch der britische Billigflieger Easyjet sowie die italienische Alitalia kündigten die Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach Israel an. Die Lufthansa und Air Berlin wollen ab Samstag ebenfalls wieder nach Tel Aviv fliegen. Sie hatten den Flughafen Ben Gurion wegen der anhaltenden Raketengefahr seit Dienstag nicht mehr angeflogen. Die Austrian Airlines (AUA) fliegt Tel Aviv ab Sonntagvormittag wieder an.
In mehreren deutschen Städten, darunter in Berlin, Stuttgart und Bonn, protestierten Demonstranten erneut gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Judenfeindliche Ausrufe, wie sie zuletzt bei Protesten laut geworden waren und auch für diesen Freitag befürchtet wurden, blieben bis zum Abend aus. Polizei und Politik hatten zuvor die Veranstalter in mehreren Bundesländern aufgefordert, antisemitische Propaganda bei den Kundgebungen zu verhindern. Die französische Behörden untersagten eine für Samstag geplante pro-palästinensische Demonstration in Paris.
Auch in Jordanien gab es Proteste gegen den israelische Militäreinsatz im Gazastreifen. Rund 2.000 Menschen versammelten sich in der Hauptstadt Amman und riefen Unterstützer-Parolen. Im Libanon versammelten sich tausende Demonstranten in einem Vorort der Hauptstadt Beirut. Bei einem seiner seltenen Auftritte in der Öffentlichkeit sagte der Chef der libanesischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, „Palästina“ bleibe das „Hauptanliegen“ der muslimischen Welt. Er versprach der radikal-islamischen Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert und die Raketenbeschüsse auf Israel zu verantworten hat, „Unterstützung“.
In vielen muslimischen Ländern finden alljährlich am Al-Quds-Tag (Jerusalem-Tag) am letzten Tag des Ramadan Demonstrationen aus Solidarität mit den Palästinensern statt. Im Iran gingen tausende Menschen nach dem Freitagsgebet auf die Straße, wie das Staatsfernsehen berichtete. In der Hauptstadt Teheran zogen die Demonstranten in neun Märschen zur Universität im Zentrum. Auf Transparenten war „Tod Israel“ und Tod Amerika“ zu lesen.
Irans Präsident Hassan Rohani rief die islamische Welt zum Widerstand gegen Israel auf. „Was die Zionisten (Israel) in Gaza machen, ist ein unmenschlicher Völkermord, daher muss die islamische Welt heute einheitlich ihren Hass und Widerstand gegen Israel erklären“, sagte der sonst moderate Kleriker am Rande einer anti-israelischen Demonstration in Teheran. Der Iran erkennt Israel nicht an und betrachtet die dortige Regierung als Wurzel aller Probleme in Nahost.