Israel lehnt Kerry-Vorschlag vorerst ab - Schwere Kämpfe in Gaza
Gaza (APA/dpa/AFP/Reuters) - Israel hat den US-Vorschlag für eine Waffenruhe im Nahen Osten in seiner jetzigen Form abgelehnt. Die Diskussio...
Gaza (APA/dpa/AFP/Reuters) - Israel hat den US-Vorschlag für eine Waffenruhe im Nahen Osten in seiner jetzigen Form abgelehnt. Die Diskussionen über eine Nachbesserung des Vorschlags gingen aber weiter, berichtete „haaretz.com“ unter Berufung auf einen Regierungsvertreter am Freitagabend. US-Außenminister John Kerry sprach am Freitagabend von Fortschritten. Er wollte am Samstag in Paris mit Amtskollegen weiterverhandeln.
Das Sicherheitskabinett der israelischen Regierung hatte seit dem Nachmittag über den Plan Kerrys beraten. Er sieht eine rasche Feuerpause mit der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas vor. Laut dem israelischen Staatsfernsehen verlangt die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, dass die Armee auch während der Feuerpause die Zerstörung von Hamas-Tunneln im Gazastreifen fortsetzen kann. Eine Forderung, die von der Hamas kaum akzeptiert werden dürfte.
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon schlug am Freitagabend eine siebentägige Waffenruhe für den Gazastreifen vor, um die Menschen dort mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Sie solle mit einer Feuerpause von zwölf Stunden beginnen, die dann ausgeweitet werden solle, sagte Ban nach Beratungen mit Kerry und dessen ägyptischen Kollegen Sameh Shukri in Kairo.
Shukri sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, die Waffenruhe solle mit dem islamischen Fest Eid al-Fitr zum Ende des Fastenmonats Ramadan beginnen. Kerry sprach von „ernsthaften Fortschritten“ hin zu einer Waffenruhe zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel. Es gebe aber noch immer Meinungsverschiedenheiten über die Formulierungen dafür.
Der US-Außenminister kündigte an, am Samstag in Paris an einem internationalen Treffen zum Gaza-Konflikt teilnehmen zu wollen. Die französische Regierung teilte mit, dass bei dem Treffen der Außenminister der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Italiens, der Türkei und Katars auf eine rasche Waffenruhe in Gaza gedrängt werden soll. Katar und die Türkei gelten als Verbündete der Hamas. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu traf am Freitag in der katarischen Hauptstadt Doha mit Hamas-Chef Khaled Meshaal zusammen, um die Feuerpause zu vermitteln.
Die Gewalt ebbte unterdessen nicht ab. Während die Zahl der Toten im Gazastreifen auf 848 stieg, feuerten militante Palästinenser erneut Raketen auf den Großraum Tel Aviv ab. In der Küstenstadt Ashkelon wurde ein Haus direkt getroffen. Auf israelischer Seite starben bereits 35 Soldaten und drei Zivilisten.
Die Hamas hat sich bisher nicht zu Kerrys Vorschlag geäußert. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ließ keine Bereitschaft erkennen, die Angriffe einzustellen. Rechtsorientierte Minister forderten eine Fortsetzung und sogar Verstärkung der Angriffe im Gazastreifen. Der israelische Rundfunk berichtete, die Armee sei angewiesen worden, sich auf eine „echte Ausweitung“ der Offensive in der kommenden Woche vorzubereiten, sollte Hamas die vorgeschlagene Feuerpause ablehnen.
Die israelische Luftwaffe zerstörte nach palästinensischen Angaben das Haus des Hamas-Führers Salah Bardawil in Khan Younis im Süden des Gazastreifens. Dabei habe es keine Verletzten gegeben. Bei einem anderen Angriff im Süden des Palästinensergebiets sei ein örtlicher Führer des radikalen Islamischen Jihad getötet worden. Der 45-jährige Salah Abu Hasanin und sein 15-jähriger Sohn seien bei dem Luftangriff in Rafah ums Leben gekommen.
Bei gewaltsamen Protesten tausender Palästinenser im Westjordanland wurden nach Angaben von Rettungskräften am Donnerstagabend und Freitag sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt. Drei der Opfer kamen durch Schüsse des israelischen Militärs ums Leben. Zwei weitere, einen 22-Jährigen und einen 17-Jährigen, erschoss ein jüdischer Siedler in der Nähe von Nablus.
Obwohl Palästinenser weiterhin Raketen Richtung Großraum Tel Aviv und Flughafen Ben Gurion schießen hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA ihr Flugverbot am Donnerstag wieder aufgehoben. Auch der britische Billigflieger Easyjet, die italienische Alitalia und die französische Air France kündigten die Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach Israel an. Die Lufthansa und Air Berlin wollen ab Samstag ebenfalls wieder Flüge nach Tel Aviv aufnehmen, die AUA folgt ab Sonntagvormittag. Die Fluglinien hatten den Flughafen Ben Gurion wegen der anhaltenden Raketengefahr seit Dienstag nicht mehr angeflogen.
In mehreren deutschen Städten, darunter in Berlin, Stuttgart und Bonn, protestierten Demonstranten erneut gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Judenfeindliche Ausrufe, wie sie zuletzt bei Protesten laut geworden waren und auch für diesen Freitag befürchtet wurden, blieben bis zum Abend aus. Die französische Behörden untersagten eine für Samstag geplante pro-palästinensische Demonstration in Paris.
In Wien sollte am morgigen Samstag eine Protestkundgebung gegen Israel stattfinden. Nach einer Absage in Tirol musste der israelische Fußballklub Maccabi Haifa sein für Samstagabend geplantes Testspiel gegen den deutschen SC Paderborn ins Salzburger Leogang (Bezirk Zell am See) verlegen. Bei einem Spiel Haifas am Mittwochabend in Bischofshofen war es zu Ausschreitungen gekommen.
Der iranische Präsident Hassan Rohani rief die islamische Welt zum Widerstand gegen Israel auf. „Was die Zionisten (Israel) in Gaza machen, ist ein unmenschlicher Völkermord, daher muss die islamische Welt heute einheitlich ihren Hass und Widerstand gegen Israel erklären“, sagte der sonst moderate Kleriker am Rande einer anti-israelischen Demonstration in Teheran. Der Iran erkennt Israel nicht an und betrachtet die dortige Regierung als Wurzel aller Probleme in Nahost.