Waffenruhe verlängert, Hamas-Milizen feuern wieder auf Israel
Die Verlängerung der Feuerpause ist von der Hamas abgelehnt worden. Israel hat indes eine weitere 24-stündige Waffenruhe beschlossen. Mehr als 100 Tote wurden am Samstag im Gazastreifen binnen weniger Stunden aus den Trümmern geborgen.
Gaza/Jerusalem – Israels Sicherheitskabinett hat einer Verlängerung der humanitären Waffenruhe für den Gazastreifen bis Sonntagabend zugestimmt. Diese gelte nun bis Sonntag 23.00 MESZ, berichtete die Tageszeitung „Haaretz“. Damit sei einer Bitte der Vereinten Nationen entsprochen worden, sagte ein israelischer Regierungsvertreter am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
Bereits am Samstag hatten Israel und die militanten Palästinenser eine Feuerpause eingehalten, die am Abend zu Ende ging. Einer von Israel zunächst auf vier Stunden anberaumten Verlängerung hatten sich die islamistische Hamas und andere bewaffnete Gruppen nicht angeschlossen. Unmittelbar nach einer zwölfstündigen Feuerpause hat die Hamas am Samstagabend wieder Raketen auf Israel abgefeuert. Es seien insgesamt zwölf Raketen abgeschossen worden, erklärte die radikalislamische Palästinenserorganisation.
Ein Zivilist wurde schwer verletzt. Israel nahm daraufhin seine offensiven Militäroperationen im Gazastreifen wieder auf. Im Ort Deir al-Balah wurde ein Palästinenser durch Schüsse getötet, teilten Rettungskräfte mit.
Die Feuerpause am Samstag nutzten zahlreiche Menschen in Gaza dazu, um ihre Vorräte aufzustocken. Die Rettungskräfte erreichten erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive am 17. Juli die bis dahin schwer umkämpfte Zonen. Sie bargen 147 Leichen, wie der Leiter der Rettungsdienste, Aschraf al-Kidra, bekanntgab. Die Außenminister von sieben Ländern, darunter die USA, Frankreich und Deutschland, riefen in Paris eindringlich zur Verlängerung der Waffenruhe auf.
Wie nach einem „Erdbeben der Stärke zehn“
Dank der zwischen Israel und der Hamas vereinbarte humanitäre Feuerpause konnten Rettungskräfte im Gazastreifen erstmals in Gebiete vordringen, die zuvor wegen des heftigen Beschusses durch die israelische Armee tagelang unzugänglich waren. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung: Ganze Wohnblocks waren dem Erdboden gleichgemacht, manche Palästinenser verglichen das Ausmaß der Verwüstungen mit einem „Erdbeben der Stärke zehn“.
Seit Beginn der israelischen Offensive vor rund drei Wochen kamen nach neuesten Angaben der palästinensischen Rettungskräfte vom Samstagnachmittag mehr als 1000 Palästinenser ums Leben, darunter viele Kinder. In Beit Hanoun im Norden wurde ein Krankenhaus schwer beschädigt; ein AFP-Korrespondent sah dort die verkohlte Leiche eines Rettungssanitäters. Auf israelischer Seite starben 37 Soldaten und drei Zivilisten.
Viele Palästinenser nutzten die Feuerpause, um nach ihren Häusern oder Wohnungen zu sehen und sich mit Lebensmitteln zu versorgen. In der Nähe von Khan Yunis im Süden, wo den Palästinensern zufolge noch kurz vor der Feuerpause 20 Menschen durch einen israelischen Luftangriff getötet wurden, fanden verzweifelte Bewohner ihre Wohnungen in Trümmern.
Außenminister rufen zu längerer Waffenruhe auf
Bei einer Konferenz in Paris machten die Außenminister der USA, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Katars und der Türkei gemeinsam deutlich, „dass das Sterben beendet werden muss“, wie Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte. „Wir rufen alle Parteien auf, die humanitäre Waffenruhe um zunächst 24 Stunden zu verlängern“, sagte Gastgeber Laurent Fabius nach dem Treffen. Es müsse „so schnell wie möglich“ ein dauerhafter Waffenstillstand erreicht werden.
Steinmeier äußerte die Ansicht, dass „dieser dritte Gaza-Krieg mit noch größerer Härte geführt wird als die beiden vorangehenden 2008 und 2012“. Die israelische Seite lebe jede Nacht „in Angst und Schrecken“ wegen der Raketenangriffe der Hamas. Beide Seiten sollten „zumindest“ zu einer Verlängerung der humanitären Waffenpause bereit sein.
Die Zeit könne dann genutzt werden, um die Voraussetzungen für Verhandlungen über einen „dauerhaften Waffenstillstand“ zu klären, sagte Steinmeier weiter. Nachhaltig könne ein Waffenstillstand aber nur sein, wenn der Gazastreifen „nicht mehr das Waffenlager für die Hamas“ sei und es für die Bevölkerung eine wirtschaftliche Perspektive gebe. (APA/dpa/Reuters/AFP)