Krebsforschung an Eiern: Neues „SFL Chicken C Lab“ an Med-Uni Graz
Graz (APA) - Wenn medizinische Erkenntnisse, die über Versuche im Reagenzglas gewonnenen wurden, am lebenden Organismus studiert werden, ges...
Graz (APA) - Wenn medizinische Erkenntnisse, die über Versuche im Reagenzglas gewonnenen wurden, am lebenden Organismus studiert werden, geschieht das üblicherweise an Mäusen, Ratten oder Kaninchen. Als Alternative werden an der Medizinischen Universität Graz im neuen „SFL Chicken C Lab“ Tests an bebrüteten Hühnereiern durchgeführt.
Das Institut für Pathophysiologie und Immunologie der Med-Uni Graz hat - durch eine finanzielle Zuwendung eines steirischen Technologie-Unternehmens - ein neues Labor zur Krebsforschung an Hühnereiern eingerichtet. „Vieles lässt sich auch am Hühnerei-Modell klären“, so Labor-Leiterin Nassim Ghaffari Tabrizi-Wizsy im Gespräch mit der APA. Als Testorgan dient die direkt unter der Schale eines bebrüteten Hühnereis liegende Haut - die sogenannte Chorioallantois-Membran (CAM). Sie enthält Venen und Arterien, aber keine Nerven, schilderte die Genetikerin.
„Diese Membran ist für die Versorgung des Hühnerembryos mit Nährstoffen verantwortlich und extrem gut durchblutet, was sie als Nährboden für Tumorzellen außerordentlich geeignet macht“, so die Lab-Leiterin. Aus der Sicht der Grazer Forscherin stellt das CAM-Modell eine gute Alternative zum Mausmodell dar: „Viele Mechanismen der Krebskrankheit, wie Gefäßneubildung, Zellinvasion und Metastasierung können anhand des CAM-Modells schon untersucht werden, bevor man noch ins Mausmodell gehen muss. Ein Teil an Versuchen an Tieren könnte so reduziert werden“, so die Lab-Leiterin.
Ein mit 38 Grad Celsius temperierter Wärmeschrank sorgt dafür, dass sich die Membran in den befruchteten Hühnereiern gut entwickelt. Nach acht Tagen können über ein kleines Loch in der Eischale die Tumorzellen auf die CAM aufgebracht werden. Der Hühnerembryo besitzt zu diesem Zeitpunkt noch kein Immunsystem. Für Forscher biete das den Vorteil, dass sie auf der Membran jegliches Gewebe verpflanzen können: „So kann mit Humanzellen bzw. Humangewebe gearbeitet werden, ohne dass eine Immunreaktion hervorgerufen wird“, so Ghaffari Tabrizi-Wizsy. Innerhalb von drei Tagen entwickeln sich die Tumorzellen in dreidimensionale Tumore, die für weitere drei Tage untersucht werden können - dann beginnt der Hühnerembryo ein Immunsystem auszubilden.
Die CAM sei frei von Nerven, somit sei der Test nicht mit Schmerzen für die betroffenen Embryonen verbunden. Dass die Embryonen, die etwa nach 21 Tagen schlüpfen würden, am Ende der Tests getötet würden indem das Ei abgekühlt werde, lasse sich jedoch nicht verhindern.
Im Grazer Labor stehen zurzeit Fragen rund um die Entwicklung von Tumoren des neuroendokrinen Systems im Mittelpunkt: „Uns interessiert unter anderem, warum und wie neuroendokrine Tumore Metastasen bilden“, erläuterte die Forscherin die Stoßrichtung der Arbeit ihres Teams. Ziel sei es letzlich, Substanzen zu finden und zu testen, die in die Mechanismen der Metastasenbildung steuernd eingreifen können. Ermöglicht wurde das Labor durch ein Sponsoring der Stallhofener SFL Technologies GmbH, betonte Institutsleiter Anton Sadjak.