Mehr als 100 Tote während Feuerpause in Gaza aus Trümmern geborgen

Gaza/Paris (APA/AFP) - Eine zwölfstündige Feuerpause im Gazastreifen hat am Samstag das ganze Ausmaß der Gewalt zwischen Israel und der radi...

Gaza/Paris (APA/AFP) - Eine zwölfstündige Feuerpause im Gazastreifen hat am Samstag das ganze Ausmaß der Gewalt zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas sichtbar werden lassen: Mehr als 100 Tote wurden binnen weniger Stunden laut palästinensischen Rettungsdiensten aus den Trümmern geborgen.

Die Außenminister von sieben Ländern, darunter die USA, Frankreich und Deutschland, riefen in Paris eindringlich zur Verlängerung der Waffenruhe auf.

Dank der zwischen Israel und der Hamas vereinbarte humanitäre Feuerpause konnten Rettungskräfte im Gazastreifen erstmals in Gebiete vordringen, die zuvor wegen des heftigen Beschusses durch die israelische Armee tagelang unzugänglich waren. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung: Ganze Wohnblocks waren dem Erdboden gleichgemacht, manche Palästinenser verglichen das Ausmaß der Verwüstungen mit einem „Erdbeben der Stärke zehn“.

Seit Beginn der israelischen Offensive vor rund drei Wochen kamen nach neuesten Angaben der palästinensischen Rettungskräfte vom Samstagnachmittag mehr als 1000 Palästinenser ums Leben, darunter viele Kinder. In Beit Hanoun im Norden wurde ein Krankenhaus schwer beschädigt; ein AFP-Korrespondent sah dort die verkohlte Leiche eines Rettungssanitäters. Auf israelischer Seite starben 37 Soldaten und drei Zivilisten.

Viele Palästinenser nutzten die Feuerpause, um nach ihren Häusern oder Wohnungen zu sehen und sich mit Lebensmitteln zu versorgen. In der Nähe von Khan Yunis im Süden, wo den Palästinensern zufolge noch kurz vor der Feuerpause 20 Menschen durch einen israelischen Luftangriff getötet wurden, fanden verzweifelte Bewohner ihre Wohnungen in Trümmern.

Bei einer Konferenz in Paris machten die Außenminister der USA, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Katars und der Türkei gemeinsam deutlich, „dass das Sterben beendet werden muss“, wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte. „Wir rufen alle Parteien auf, die humanitäre Waffenruhe um zunächst 24 Stunden zu verlängern“, sagte Gastgeber Laurent Fabius nach dem Treffen. Es müsse „so schnell wie möglich“ ein dauerhafter Waffenstillstand erreicht werden.

Steinmeier äußerte die Ansicht, dass „dieser dritte Gaza-Krieg mit noch größerer Härte geführt wird als die beiden vorangehenden 2008 und 2012“. Die israelische Seite lebe jede Nacht „in Angst und Schrecken“ wegen der Raketenangriffe der Hamas. Beide Seiten sollten „zumindest“ zu einer Verlängerung der humanitären Waffenpause bereit sein.

Die Zeit könne dann genutzt werden, um die Voraussetzungen für Verhandlungen über einen „dauerhaften Waffenstillstand“ zu klären, sagte Steinmeier weiter. Nachhaltig könne ein Waffenstillstand aber nur sein, wenn der Gazastreifen „nicht mehr das Waffenlager für die Hamas“ sei und es für die Bevölkerung eine wirtschaftliche Perspektive gebe.

Hoffnungen auf eine mehrtägige Feuerpause hatten sich am Freitagabend zerschlagen. Das israelische Sicherheitskabinett unter Regierungschef Benjamin Netanyahu lehnte einen entsprechenden Vorschlag von US-Außenminister John Kerry ab. Bei Protesten gegen Israel wurden am Samstagmorgen im Westjordanland zwei palästinensische Jugendliche von israelischen Soldaten erschossen.