Nahost-Konflikt

Israel bestätig Beschuss der UN-Schule im Gazastreifen

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Eine Waffenruhe lehnte Israel ab. Die radikal-islamische Hamas habe die von ihr am Sonntag angekündigte Feuerpause bereits selbst verletzt, sagte Benjamin Netanyahu. Israels Regierungschef will deshalb vorerst auf keine neue Waffenruhe einlassen.

Jerusalem/Gaza - Nach dem Tod von 15 Palästinensern in einer UN-Schule im Gazastreifen hat die israelische Armee bestätigt, dass sie das Gelände beschossen hat. Israel sei aber nicht für die Todesopfer verantwortlich, sagte am Sonntagabend Militärsprecher Peter Lerner. „Wir weisen die Vorwürfe zurück, dass in Folge der operationellen Aktivitäten der israelischen Armee Menschen auf dem Schulgelände getötet wurden.“ Lerner berief sich dabei auf eine interne Untersuchung des tödlichen Vorfalls in Beit Hanun durch die Armee.

Bei dem Beschuss der Schule im Norden des Gazastreifens waren am Donnerstag nach Angaben der palästinensischen Rettungskräfte 15 Menschen getötet und etwa 200 verletzt worden. In der von den Vereinten Nationen betriebenen Schule hatten hunderte Palästinenser Schutz vor israelischen Angriffen gesucht.

Nach Darstellung Lerners wurden am Donnerstag „aus der unmittelbaren Umgebung“ der Schule Mörsergranaten und Raketen auf israelische Soldaten abgefeuert. Die Armee habe im Gegenzug ebenfalls Mörsergranaten abgeschossen. „Eine einzige fehlgeleitete Granate landete im Hof der Schule“, sagte der Militärsprecher. Der Hof sei aber zum Zeitpunkt des Einschlages „völlig leer“ gewesen. Die Palästinenser hatten nach dem Vorfall die israelische Armee für die Toten und Verletzten verantwortlich gemacht. Auch das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erhob indirekt Vorwürfe gegen die israelischen Streitkräfte.

Netanyahu wirft Hamas Bruch der eigenen Waffenruhe vor

Israel will vorerst keine neue 24-stündige Waffenruhe ausrufen. Die radikal-islamische Hamas verletze die von ihr am Sonntag angekündigte Feuerpause selbst, sagte Regierungschef Benjamin Netanyahu in einem Interview des US-Senders CNN auf die Frage, ob Israel die von der Hamas vorgeschlagene 24-stündige Waffenruhe akzeptieren werde. „Wir werden alles notwendige tun, um unser Volk zu schützen.“

Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte die Feuerpause angekündigt, nachdem Israel seine Angriffe auf den Gazastreifen in Reaktion auf Raketenbeschuss radikaler Palästinenser wieder aufgenommen hatte. Von 13.00 Uhr (MESZ) an wollten die verschiedenen palästinensischen Fraktionen ihre Angriffe stoppen, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri am Sonntag in Gaza. Netanyahu zufolge gab es auch danach Attacken auf Israel.

Bewohner berichten von schwerem Gefechtslärm

Israelische Panzer und Artillerie nahmen am Sonntagvormittag wieder mehrere Ziele in dem Küstenstreifen am Mittelmeer unter Beschuss, Bewohner des Gazastreifens berichteten von schwerem Gefechtslärm aus Richtung Gaza-Stadt. Bei den Kämpfen wurden nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte drei Menschen getötet.

Am Vorabend hatte Israel eine zwölfstündige humanitäre Waffenruhe anfangs um vier Stunden und danach auf Wunsch der UNO um weitere 24 Stunden bis Sonntagmitternacht (23.00 Uhr MESZ) verlängert. Die Hamas hatte dies jedoch unter Verweis auf die weiter im Gazastreifen präsenten israelischen Panzer sowie die fortgesetzten Angriffe Israels auf das Tunnelsystem der Hamas im Grenzgebiet abgelehnt.

Israelischer Geheimdienst: Hamas hatte Anschlagsplan

Über dieses soll die Hamas nach israelischen Angaben einen verheerenden Anschlag auf israelische Zivilisten geplant haben. Geheimdienstminister Yuval Steinitz bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte. Demnach hätte die radikale Palästinenserorganisation am jüdischen Neujahrsfest Rosh Hashana im September Hunderte bewaffneter Kämpfer durch mehrere Tunnel gleichzeitig auf israelisches Gebiet zu schicken wollen. Sie sollten dort so viele Menschen wie möglich töten oder in den Gazastreifen verschleppen, hieß es. Die Informationen, die sich nicht unabhängig überprüfen ließen, basierten auf den Aussagen von Hamas-Mitgliedern, die die israelische Armee während der Offensive im Gazastreifen festgenommen habe.

Seit der einseitigen Verlängerung der Feuerpause feuerte die Hamas nach israelischen Angaben 25 Raketen auf Israel, darunter auf Städte wie Tel Aviv oder Ashkelon. Die Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas gingen am Sonntag in den 20. Tag. Dabei wurden bisher nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte 1.060 Palästinenser getötet und rund 6.000 verletzt. Auf israelischer Seite starben 43 Soldaten sowie drei Zivilisten.

Fast 150 Leichen aus Trümmern geborgen

Die Feuerpause am Samstag hatten zahlreiche Menschen in Gaza dazu genutzt, um ihre Vorräte aufzustocken, zugleich wurde das ganze Ausmaß der Zerstörung in dem dicht besiedelten Küstengebiet sichtbar: Wie die palästinensischen Rettungskräfte mitteilten, wurden 147 Leichen aus den Trümmern der bei den israelischen Angriffen zerstörten Häuser geborgen, die allermeisten davon Zivilisten. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung, ganze Wohnblöcke lagen in Schutt und Asche.

Angesichts des Ausmaßes der Gewalt forderten die Außenminister der USA, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Katars und der Türkei bei einer Konferenz in Paris gemeinsam ein Ende des Blutvergießens. Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte, sie wollten so schnell wie möglich einen dauerhaften Waffenstillstand erreichen, der Israels Bedürfnis nach Sicherheit und dem Bedürfnis der Palästinenser nach sozio-ökonomischer Entwicklung entspricht. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte eindringlich nochmals alle Beteiligten auf, eine siebentägige Waffenruhe auszurufen. (APA/dpa/Reuters/AFP)