Ukraine - Russland droht EU mit Ende der Anti-Terror-Kooperation

Kiew/Moskau (APA/Reuters/AFP) - Russland droht der EU wegen neuer Sanktionen mit dem Ende der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terroris...

Kiew/Moskau (APA/Reuters/AFP) - Russland droht der EU wegen neuer Sanktionen mit dem Ende der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität. „Die erweiterte Sanktionsliste ist ein klarer Beweis dafür, dass die EU-Staaten einen Weg beschreiten, der auf eine Abkehr von der Kooperation mit Russland in Fragen internationaler und regionaler Sicherheit hinausläuft“, so das Moskauer Außenministerium.

Die EU hatte unter anderem die Chefs der russischen Geheimdienste und einzelne Unternehmen auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Vermutlich am Dienstag will sie erstmals ganze russische Wirtschaftszweige in die Strafmaßnahmen einbeziehen.

Im Osten der Ukraine bemühten sich unterdessen unbewaffnete Polizisten aus den Niederlanden, Australien und Malaysia um Zugang zur Absturzstelle der malaysischen Boeing 777. Heftige Kämpfe in der Region verhinderten aber eine für Sonntag geplante Besichtigung des Absturzortes durch die Experten.

Bei den Gefechten im Osten der Ukraine sind nach Behördenangaben mindestens 13 Menschen getötet worden. Unter den Opfern in der umkämpften Stadt Gorliwka nördlich von Donezk seien zwei Kleinkinder, erklärte die Regionalverwaltung am Sonntag. Die Bemühungen zur Versorgung der Verletzten würden durch „andauernde Feuergefechte“ behindert. Ein ukrainischer Militärsprecher hatte zuvor berichtet, die prorussischen Separatisten würden Wohnviertel in der 250.000-Einwohner-Stadt mit Mehrfachraketenwerfern vom Typ BM-21 „Grad“ (Hagel) beschießen.

Bei der jüngsten Sanktionsrunde der EU wurde festgelegt, dass eventuelle Auslandsvermögen der Chefs des russischen Inlands- sowie des Auslandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow und Michail Fradkow, eingefroren werden. Zudem dürfen sie nicht in die EU einreisen. Außerdem finden sich auch 18 Unternehmen und andere Organisationen auf der jüngsten Sanktionsliste wieder. In US-Regierungskreisen hieß es, wenn die EU Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhänge, könnten auch die USA ihre Strafmaßnahmen nochmals verschärfen.

Auslöser der neuen EU-Maßnahmen gegen Russland ist der mutmaßliche Abschuss eines Passagierflugzeugs der Malaysia Airlines über dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet der Ukraine. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Nach dem Tod von 300 unschuldigen Menschen beim Absturz von MH17 und dem unwürdigen Treiben marodierender Soldateska an der Absturzstelle lässt uns das Verhalten Russlands keine andere Wahl.“

Bisher liegen allerdings noch keine Beweise dafür vor, ob das Flugzeug abgeschossen wurde und wer dafür verantwortlich sein könnte. Sowohl die USA und die ukrainische Regierung als auch Russland und die Separatisten erheben immer wieder Vorwürfe, die kaum belegt und objektiv überprüft sind.

Über den Einsatz der ausländischen Polizisten an der Absturzstelle gebe es eine Vereinbarung mit dem Separatistenführer Alexander Borodai, teilte Malaysias Ministerpräsident Najib Razak am Sonntag mit. Polizisten der Niederlande und Australiens sind schon in der Ukraine, einige in der von Rebellen kontrollierten Stadt Donezk. Fast alle der 298 Todesopfer kamen aus den drei Ländern. Nach australischen Angaben sollen bis zu 49 Beamte die Absturzstelle sichern, in deren Umgebung es immer wieder zu Kämpfen kommt. Ukrainische Soldaten versuchen, die Separatisten aus dem Gebiet von Donezk und Luhansk zu vertreiben.

Nach Angaben von Diplomaten betrifft der EU-Plan für Wirtschaftssanktionen vier Bereiche: den russischen Zugang zu europäischen Finanzmärkten, Rüstungsgüter, sensible Technologien sowie sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können. Dabei sind die Interessen und Abhängigkeiten der EU-Staaten sehr unterschiedlich: Viele sind von Erdgaslieferungen aus Russland abhängig, andere wie Frankreich wollen laufende Rüstungsgeschäfte noch abwickeln oder zu heftige Rückwirkungen auf Kernbereiche der eigenen Wirtschaft verhindern. Die Sanktionen sollen daher den Gas-Sektor nicht einschließen und auch bei bestehenden Verträgen nicht greifen.

Ein wesentliches Ziel der Sanktionen besteht offenbar darin, russischen Oligarchen gegen Putin aufzubringen. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) sieht nach einem Bericht des „Spiegel“ Anzeichen für erste Brüche im Machtgefüge des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es sei möglich, dass einige der mächtigen Wirtschaftsführer bald schon wirtschaftliche über politische Interessen stellen und Putin zu bremsen versuchen, laute die Einschätzung des BND. In diesem Sinne forderte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im „Spiegel“: „Vor allem müssen wir die Oligarchen treffen.“