Ukraine - Kämpfe stoppen Zugang zu MH17-Wrack - keine Militärmission

Kiew/Moskau (APA/dpa) - Vor knapp zwei Wochen starben 298 Menschen beim mutmaßlichen Abschuss von MH117 über der Ostukraine. Nun standen wes...

Kiew/Moskau (APA/dpa) - Vor knapp zwei Wochen starben 298 Menschen beim mutmaßlichen Abschuss von MH117 über der Ostukraine. Nun standen westliche Experten kurz davor, die Unglücksstelle zu erreichen. Doch neue Kämpfe stoppen sie - ausgehend offenbar von den ukrainischen Streitkräften.

Wegen heftiger Kämpfe in der Ostukraine bleibt die Absturzstelle von Flug MH17 vorerst für ausländische Helfer versperrt. Deshalb entschieden sich die Niederlande am Sonntag dagegen, eine bewaffnete Schutztruppe dorthin zu entsenden. Neue Gefechte zwischen ukrainischer Armee und prorussischen Rebellen machten einen Einsatz zur Zeit unmöglich, sagte Regierungschef Mark Rutte nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts. Selbst ein begrenzter militärischer Einsatz mit dem Ziel, Bergungsarbeiten an der Absturzstelle zu ermöglichen, sei zu riskant, betonte der Ministerpräsident in Den Haag.

Nach ursprünglichen Vorstellungen Ruttes hätten Spezialkräfte der niederländischen Armee und Polizei eingesetzt werden sollen, um Gerichtsmediziner und Ermittler zu schützen. Diese sollen weitere Opfer bergen und die Ursache des Absturzes der Boeing von Malaysia Airlines untersuchen. Beim mutmaßlichen Abschuss der Zivilmaschine waren am 17. Juli 298 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Niederländer.

Eigentlich hatten die Niederlande und Malaysia unter Vermittlung der OSZE eine Zusage der Separatisten erreicht, dass Ausländer unbewaffnet an der Absturzstelle arbeiten dürfen. Doch dann machten die Kämpfe die Vereinbarungen zunichte.

Ukrainische Truppen wollten „das Absturzgebiet der Boeing 777 von Terroristen befreien, um internationalen Experten Sicherheit zu garantieren und die Möglichkeit für ihre Untersuchungen“, sagte ein Sprecher des Sicherheitsrates in Kiew. In den Tagen vorher hatte Präsident Petro Poroschenko eine Waffenruhe im Umkreis von 40 Kilometern um die Unglücksstelle zugesagt.

Die ukrainischen Angriffe wirkten wie eine Großoffensive, um das Separatistengebiet in zwei Hälften zu teilen und die Millionenstadt Donezk einzukreisen. Bei Raketen-Beschuss auf die Stadt Gorlowka wurden 13 Menschen getötet, wie die Gebietsverwaltung von Donezk mitteilte. In den Städten Debalzewo, Schachtarsk, Tores und Sneschnoje wurde nach verschiedenen Angaben ebenfalls gekämpft. Aus Tores wurden Granateneinschläge gemeldet. „Die Leute suchen Zuflucht in den Kellern“, schrieb der Fotojournalist Pierre Crom auf Twitter. Die ukrainische Armee wie die Separatisten setzten Panzer ein.

Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wie auch Experten aus den Niederlanden, Australien und Malaysia brachen eine Fahrt zur Unfallstelle ab und kehrten nach Donezk zurück. Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, forderten nach Moskauer Angaben in einem Telefonat eine sofortige Feuerpause im Konfliktgebiet. Der niederländische Außenminister Frans Timmermans und seine australische Kollegin Julie Bishop wollten noch am Sonntag nach Kiew fliegen, um mit der Ukraine weiter über freien Zugang zur Unfallstelle zu verhandeln.

Die bisher geborgenen Toten waren in einer Luftbrücke bis Samstag nach Eindhoven ausgeflogen worden. Immer noch ist unklar, wie viele Tote gefunden worden sind. Ein erstes Opfer, ein Mann aus den Niederlanden, konnte gerichtsmedizinisch identifiziert werden.

Wegen der Ukraine-Krise will die Europäische Union am Dienstag erstmals Wirtschaftssanktionen gegen Russland in Kraft setzen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bat die 28 Staats- und Regierungschefs um rasche persönliche Zustimmung zu den neuen Strafmaßnahmen. Dies geht nach Angaben von EU-Diplomaten aus einem Brief hervor, den Van Rompuy an die Regierungschefs schickte. Damit soll ein weiterer EU-Sondergipfel vermieden werden. Die EU will Russland mit den Sanktionen zwingen, die Unterstützung für die Aufständischen in der Ostukraine aufzugeben.

Am Samstag belegte die EU die Spitzen der Moskauer Sicherheitsbehörden mit Einreiseverboten und Kontensperrungen. Dazu zählten die Leiter der russischen Inlands- und Auslandsgeheimdienste, Alexander Bortnikow und Michail Fradkow, sowie Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew. Auch Organisationen der Aufständischen in der Ostukraine wurden aufgenommen.