MH17-Absturz

Armee übernimmt teilweise Kontrolle über Absturzort

Trümmerteile der Maylasia-Airlines-Maschine lagen nach dem Unglück weit verstreut. (Archivbild)
© EPA/ANASTASIA VLASOVA

Die UNO sagte heute, der mutmaßliche Abschuss könnte als Kriegsverbrechen eingestuft werden. Unterdessen kehrten internationale Ermittler auf der Suche nach Opfern erneut um, weil sich Armee und Separatisten nahe der Absturzstelle schwere Gefechte liefern. Aus Kiew wurden erste Details zu den Untersuchungen von Experten zur Absturzursache bekannt.

Kiew/Moskau – Die ukrainische Armee ist bei ihrer Offensive im Osten des Landes am Montag bis in das Absturzgebiet des malaysischen Passagierflugzeugs vorgedrungen. „Die Ukrainer haben Teile des Absturzortes unter ihre Kontrolle gebracht“, sagte der Vize-Regierungschef der selbstproklamierten „Volksrepublik Donezk“, Wladimir Antjufejew.

Der Pressedienst der ukrainischen Armee für den Militäreinsatz erklärte, die Truppen seien in die Städte Schachtarsk und Tores eingedrungen. Auch um die Ortschaften Perwomaysk und Snischne gebe es Kämpfe mit prorussischen Separatisten mit dem Ziel der „vollkommenen Befreiung“.

Ermittler erneut umgekehrt

Aufständische berichteten von schweren Straßenkämpfen in der Nähe der Absturzstelle. In der Stadt Schachtjorsk südöstlich von Donezk sei der Strom ausgefallen. Die ukrainische Luftwaffe habe mehrere Angriffe geflogen, hieß es. Nach schweren Kämpfen sei die strategisch wichtige Anhöhe Saur-Mogila unweit der russischen Grenze von der Armee erobert worden, teilte die Präsidialverwaltung in Kiew mit.

Die heftigen Kämpfe in der Ostukraine verhinderten erneut Ermittlungen und Bergungsarbeiten an der Absturzstelle von Flug MH17. Nach Explosionen und Kämpfen sei die Kolonne mit Experten aus den Niederlanden und Australien nach Donezk zurückgekehrt, teilte das niederländische Justizministerium am Montag in Den Haag mit.

Am Morgen hatte das Team aus Gerichtsmedizinern und Militärpolizisten erneut versucht, das Gebiet zu erreichen. Sie sollen noch sterbliche Überreste der Opfer des Absturzes der Passagiermaschine vom 17. Juli bergen. Bei dem mutmaßlichen Abschuss wurden 298 Menschen getötet. Das Expertenteam wurde von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) begleitet, Aufständische stellten eine Eskorte. Die Polizisten sind unbewaffnet.

Während einer Anhörung im niederländischen Parlament bezweifelte Polizeichef Gerard Bouman, ob sämtliche Überreste und Habseligkeiten der Opfer der Unglücksmaschine in der Ostukraine jemals gefunden werden. Es gebe dafür „keine Garantie“, sagte er. Er wisse auch nicht, wie viele Leichen genau bisher gefunden worden seien. Was in den Leichensäcken in der Ukraine zu sehen gewesen sei, kleine und große Leichenteile, sei „unbeschreiblich“ und „grauenvoll“, hieß es weiter.

Experten: Absturz nach Explosion

Unterdessen verdichtet sich die Beweislage, wie der Absturz zustande kam. Die Malaysia-Airlines-Maschine ist nach ukrainischen Angaben durch einen „Druckabfall in Verbindung mit einer starken Explosion“ abgestürzt. Dies habe die Untersuchung eines Expertengremiums ergeben, teilte der ukrainische Rat für Sicherheit und Verteidigung am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Prorussische Separatisten und die ukrainische Regierung werfen sich seit dem Absturz am 17. Juli gegenseitig vor, das Flugzeug mit 298 Menschen an Bord abgeschossen zu haben.

UNO sieht mutmaßlichen Abschuss als Kriegsverbrechen

Der mutmaßliche Abschuss des malaysischen Flugzeugs über der Ostukraine könnte nach Einschätzung der Vereinten Nationen ein Kriegsverbrechen darstellen. Das geht aus einem am Montag vorgestellten UN-Bericht hervor. „Dieser Verstoß gegen internationales Recht könnte unter den derzeitigen Umständen einem Kriegsverbrechen gleichkommen“, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay.

Es werde alles unternommen, um die Verantwortlichen für den Absturz der Passagiermaschine vor Gericht zu bringen. Dem UN-Bericht zufolge ist die Zahl der in den Auseinandersetzungen zwischen Armee und pro-russischen Separatisten Getöteten in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen: „Stand 26. Juli wurden mindestens 1129 Menschen getötet und 3442 verletzt.“ In einem UN-Bericht vom 18. Juni lag die Zahl der seit April Getöteten noch bei 356. (APA/AFP/dpa)