Besetztes Haus in Wien

Großeinsatz in Wien beendet: „Pizzeria Anarchia“ ist geräumt

Gut zweieinhalb Jahre lang war die "Pizzeria Anarchia" in Wien-Leopoldstadt besetzt. Im Juli 2014 wurde das Haus geräumt.
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Mit 50 Punks wollte ein Hausbesitzer Altmieter vergraulen. Doch es kam anders. Mehr als 1000 Polizisten, Räumpanzer und ein Wasserwerfer waren im Einsatz, um das Gebäude am Montag zu räumen. Nach ersten Angaben wurden 31 Personen festgenommen.

Wien – Nach mehr als zehn Stunden ist am Montag die Räumung des besetzten Hauses „Pizzeria Anarchia“ in Wien-Leopoldstadt beendet worden. 19 Personen mussten das Gebäude verlassen, es gab nach vorläufigen Angaben 31 Festnahmen. Die Polizei war mit einem personellen Großaufgebot - angeblich weit mehr als 1000 Beamte - an Ort und Stelle und setzte u.a. Räumpanzer und Wasserschläuche ein. Die Polizei selbst wollte die Mannstärke von kolportierten 1700 Beamten nicht bestätigen. Sprecher Roman Hahslinger sprach im Laufe des Tages von „sicher nicht weniger als 1000“, wobei man die genaue Zahl nicht wisse, wie er später ergänzte.“ Die Anzahl der eingesetzten Polizeikräfte betrug im Aktionsbereich im Schnitt um die 400, zu Spitzenzeiten 500 Beamte“, hieß es am Abend in einer Aussendung.

Vorgeschichte

Seit gut zweieinhalb Jahren ist das eierschalengelbe Haus mit der Adresse Mühlfeldgasse 12 im 2. Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt besetzt. „Pizzeria Anarchia“ nennen die Aktivisten – die meisten von ihnen sind Punks – das Gebäude. Das Haus war den Aktivisten damals vom Hauseigentümer selbst zur kostenfreien Nutzung für sechs Monate angeboten worden. Vermutliches Ziel des Besitzers: Die vermeintlichen Störenfriede sollten die letzten Mieter des Hauses gewissermaßen hinausekeln, um die Liegenschaft umbauen und gewinnbringend verwerten zu können. Der mutmaßliche Plan ging jedoch nicht auf – im Gegenteil: Die Neo-Bewohner solidarisierten sich mit den verbliebenen Stammmietern und blieben nach Ablauf der Halbjahresfrist. Für den heutigen Montag wurde schließlich die Durchführung der zuvor richterlich angeordneten Delogierung anberaumt.

Polizei kämpfte mit Barrikaden

Die Vorbereitungen für die gerichtlich angeordnete Räumung des von den Aktivisten verbarrikadierten Hauses liefen bereits zeitig in der Früh an. Ab 5 Uhr errichtete die Polizei eine Platzsperre, der Einsatz der Polizisten - unter denen auch Sondereinheiten wie die WEGA waren - begann kurz vor 10 Uhr. Vor allem die anscheinend in tagelanger Arbeit angefertigten Barrikaden der Aktivisten, darunter verschweißte Stahltüren und Dutzende Kubikmeter Sperrmüll, stellten die Einsatzkräfte vor Probleme. Die Aktivisten hatten auch Sperrgitter der Polizei verwendet, das diese Stunden zuvor am Einsatzort deponiert hatte. Ein „logistischer Fehler“, wie die Exekutive später eingestand. Die Polizei berichtete auch von Hindernissen im Haus. So sei zum Beispiel eine „lebensgefährliche Falle“ errichtet worden, bei der ein Herd aus großer Höhe auf die Einsatzkräfte hätte fallen sollen.

Die Polizei ist unter anderem mit Wasserwerfern vor Ort.
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Polizisten mit Eiern, Buttersäure und Farbe beworfen

Dementsprechend konnten die Beamten nur mühsam Schritt für Schritt in das Haus in der Mühlfeldgasse 12 eindringen. Die Aktivisten reagierten mit Gegenwehr: Sie bewarfen die Polizisten mit Eiern, Federn, Farbe und Buttersäure, wodurch auch der zum Einsatz gekommene Räumpanzer in (optische) Mitleidenschaft gezogen wurde. Auch von aus dem Fenster urinierenden Besetzern wurde berichtet. Die Polizei antwortete mit Wasserschläuchen.

Am Nachmittag ging die Exekutive dann zunächst gegen jene Demonstranten vor, die sich trotz Platzverbots vor der „Pizzeria Anarchia“ befunden hatten. Rund 30 Personen wurden dabei abgeführt. Zwölf wurden wegen Verwaltungsübertretungen festgenommen. Bis 18.30 Uhr war es schließlich gelungen, bis ins oberste der drei Stockwerke vorzudringen und die ersten Hausbewohner nach draußen zu begleiten. Danach wurde Wohnung für Wohnung geräumt. Die Aktion ging äußerst friedlich vor sich. Die 16 Personen, die nach 20 Uhr aus der Pizzeria geholt wurden, waren zuvor laut Behördensprecher Roman Hahslinger „von der Polizei unbemerkt“ vom dritten Stock ins Erdgeschoß gelangt. Sie hatten sich angeblich abgeseilt.eseilt.

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Causa erreicht Kommunalpolitik

Die Sache hat unterdessen auch die Kommunalpolitik erreicht: Georg Prack, Landessprecher der Wiener Grünen, kritisierte am Montag per Aussendung den „überbordenden Polizeieinsatz“, der „in keinem Verhältnis zum Anlass“ stehe. Er ortete in der Causa einen „üblen Fall von Immobilien-Spekulation“, deren Handwerk mit der nunmehrigen Räumung letztlich verrichtet werde.

Paul Hefelle, ÖVP-Bezirksrat in der Leopoldstadt, stellte sich indes hinter die Polizei. Man könne diese nicht zum Sündenbock stempeln. Auch wenn der jetzige Eigentümer das betreffende Haus als Spekulationsobjekt erworben haben sollte, hätten sich die Aktivisten auf den Deal eingelassen. Nun hätten die Besitzer die Räumung vor Gericht durchgefochten und damit sei diese rechtskräftig.

„Viel zu lange hat der linke Pöbel in der Mühlfeldgasse 12 hausen, die Gegend verdrecken und die Lebensqualität der Anrainer zerstören dürfen“, sagte der FPÖ-Bezirksobmann Wolfgang Seidl zur Räumung. (tt.com, APA)