Flug MH17 - Kämpfe blockieren erneut Zugang zur Absturzstelle
Kiew/Wien/New York (APA/dpa/AFP) - Folter, Mord, Terror - UN-Experten erheben massive Vorwürfe gegen die Separatisten in der Ostukraine. Der...
Kiew/Wien/New York (APA/dpa/AFP) - Folter, Mord, Terror - UN-Experten erheben massive Vorwürfe gegen die Separatisten in der Ostukraine. Der mutmaßliche Abschuss der malaysischen Boeing in dem Gebiet könnte als Kriegsverbrechen geahndet werden. Beweise am Absturzort zu finden, bleibt gefährlich.
Nach Angaben des neuen UN-Berichts zur Lage in der Ostukraine wurden bei den seit Mitte April andauernden Kämpfen bis Mitte Juli mehr als 1.100 Menschen getötet und mehr als 3.400 weitere verletzt.
Heftige Kämpfe in der Ostukraine machten indes Bergungsarbeiten an der Absturzstelle von Flug MH17 erneut unmöglich. Experten aus den Niederlanden und Australien brachen zwar am Montag von Donezk Richtung Grabowo auf, mussten aber unverrichteter Dinge zurückkehren, wie das Justizministerium in Den Haag mitteilte. Gerichtsmediziner und unbewaffnete Polizisten sollten nach bisher ungeborgenen Opfern suchen.
Bei dem mutmaßlichen Abschuss der Boeing 777-200 mit einer Flugabwehrrakete am 17. Juli waren 298 Menschen getötet worden, die meisten waren Niederländer. Der Beschuss der Malaysia-Airlines-Maschine könnte sich nach UN-Einschätzung als Kriegsverbrechen erweisen.
Begleitet wurde die Experten-Gruppe von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in Europa, wie die OSZE mittelte. Aufständische stellten die Eskorte.
Auch am Sonntag hatten Kämpfe in der Region einen Besuch der Ausländer an der Unglücksstelle verhindert. Am Montag waren erneut Explosionen und Gefechtslärm zu hören. Die ukrainische Armee versucht dort in einer Großoffensive, das Separatistengebiet zu spalten.
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte in Genf eine „rasche, gründliche und unabhängige Untersuchung“ des mutmaßlichen MH17-Abschusses. Bei Kämpfen um Donezk und Luhansk (Lugansk) hätten die ukrainische Armee wie die Separatisten schwere Waffen in bewohnten Gegenden eingesetzt, darunter Artillerie, Panzer und Raketen. Auch dies sei möglicherweise ein Kriegsverbrechen.
Russland forderte, die Ermittlungen zur Absturzursache unter die Leitung der Vereinten Nationen zu stellen. Eine solche Untersuchung sollte möglichst schnell beginnen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. „Dafür sollte der Weltsicherheitsrat eine entsprechende Entscheidung treffen.“ Moskau sehe mit Besorgnis, dass einige Beteiligte versuchten, bilateral mit der Ukraine eine Untersuchung der Tragödie zu vereinbaren. Er warnte davor, dass Spuren verwischt werden könnten.
Zugleich warnte Lawrow die USA vor möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine. „Diese Maßnahme wäre Öl ins Feuer gießen und würde eine kriegerische und kompromisslose Lösung des Konflikts vorantreiben“, sagte er.
Dagegen legte die US-Regierung Satellitenfotos als angebliche Beweise vor, dass die russische Armee über die Grenze hinweg ukrainische Streitkräfte beschossen hat. Den US-Angaben zufolge belegen die Aufnahmen auch, dass Russland die Separatisten mit schwerer Artillerie beliefert hat.
„Beide Seiten müssen verhindern, dass noch mehr Zivilisten getötet werden“, forderte UN-Menschenrechtskommissarin Pillay. Außerdem hätten die Separatisten weite Teile der Bevölkerung einer „Schreckensherrschaft“ unterworfen. Um ihre Macht zu festigen, entführten die bewaffneten Gruppen Menschen, sperrten sie ein, folterten und ermordeten sie. Zur Führung der straff organisierten und militärisch hochgerüsteten Rebellen gehörten viele russische Staatsbürger.
Die schweren Gefechte mit zivilen Opfern gingen am Montag weiter. Mindestens fünf Männer seien bei Artilleriebeschuss auf Luhansk getötet worden, teilte die Verwaltung der Großstadt mit. Im benachbarten Donezk starben den Behörden zufolge mindestens drei Zivilisten bei den Kämpfen zwischen der Armee und Aufständischen.
Der Absturz der Malaysia-Airlines-Maschine ist nach ukrainischen Angaben durch einen massiven Druckabfall nach einem Raketenbeschuss verursacht worden. Die Auswertung der Flugschreiber durch internationale Ermittler habe ergeben, dass das Flugzeug von mehreren Raketensplittern getroffen worden sei, teilte ein Sprecher des ukrainischen Rats für Sicherheit und Verteidigung am Montag in Kiew mit. „Der Grund für die Zerstörung und den Absturz des Flugzeuges war ein massiver explosionsartiger Druckabfall, der durch die Durchlöcherung infolge einer Raketenexplosion entstand.“
Das Niederländische Untersuchungsbüro für Sicherheit (OVV), das die internationalen Untersuchungen zum Absturz von Flug MH17 leitet, wollte die Angaben weder bestätigen noch dementieren. Das OVV werde sich erst äußern, wenn sich aufgrund der Ermittlungsergebnisse ein vollständiges Bild der Vorgänge abzeichne, sagte Sprecherin Sara Vernooij der Nachrichtenagentur AFP.
Die Boeing 777 der Malaysia Airlines war in der umkämpften Ostukraine abgestürzt. Kiew und die Separatisten werfen sich gegenseitig vor, das Flugzeug abgeschossen zu haben. Die Leitung der Untersuchung zu dem Absturz liegt auf Wunsch der ukrainischen Regierung bei den Niederlanden. Bei dem Absturz kamen 193 Niederländer ums Leben.
Die Blackboxes werden von der britische Untersuchungsbehörde für Luftunfälle (AAIB) ausgelesen. Analysiert werden die Daten von einem internationalen Team unter Führung der Niederlande.
~ WEB http://www.osce.org/ ~ APA361 2014-07-28/15:17