Aguntum: Ein Ziegel gibt Rätsel auf
Bei sehr instabilem Wetter wird in Aguntum unter verschärften Arbeitsbedingungen wieder archäologisch Hand angelegt – und durchaus Spannendes zu Tage gefördert.
Von Claudia Funder
Dölsach –Im vergangenen Sommer war es aufgrund der Rekordhitze eine schweißtreibende Grabungskampagne, heuer erschweren immer wiederkehrende Regenfälle die Arbeiten auf dem geschichtsträchtigen Areal in Dölsach. Noch bis 15. August ist eine 20-köpfige Gruppe der Universität Innsbruck – der Großteil davon Studenten – wieder auf dem Gelände der einstigen Römerstadt Aguntum am Werk, um bislang Unbekanntes ans Tageslicht zu bringen. War im Vorjahr vor allem Sonnencreme ein ständiger Begleiter, ist heuer vor allem ausreichend trockene Kleidung zum Wechseln gefragt. Wenn der Regen zu heftig ausfällt, werden die zu untersuchenden Bereiche mit Planen abgedeckt. „Aufgrund des Regens sind leider viele Arbeitstage entfallen“, bedauert Grabungsleiter Michael Tschurtschenthaler. Untätig ist man im Falle des Falles dennoch nicht, warten doch im Funddepot und im Museum genügend Aufgaben und praktische Übungen.
Lässt es das Wetter zu, wird aktuell im Nordtrakt des Forums weitergegraben. Begonnen wurde mit der Freilegung der zweiten großen Hauptstraße, die von Ost nach West verläuft. Entdeckt wurde der Hauptentwässerungskanal der Stadt für die Thermen- und Badeanlage, der bereits in der Mitte der Straße vermutet worden war. Im nach dem 3. Jahrhundert als Gewerbezone genutzten Bereich stieß man auf viel Metallschlacke, hier dürfte laut Grabungsleiter Metallverarbeitung stattgefunden haben. Ebenfalls ausgegraben wurden Vorrichtungen, auf denen „Kräne“, also Hebevorrichtungen, montiert waren. „Sie stammen aus der Zeit des Forumbaus und waren für die Errichtung der hohen Mauern nötig“, weiß Tschurtschenthaler. Die 40 Meter lange Mauer ist übrigens einst in einem Stück umgefallen, vermutlich aufgrund des schlechten Fundaments.
Als besonders spannend erweist sich der Fund eines atypischen Ziegels im Rahmen der aktuellen Kampagne. Bisher wiesen, erklärt der Grabungsleiter, die hier freigelegten Ziegel den Stempel mit der Buchstabenfolge „LVZ“ auf. Diese gibt es übrigens ausschließlich in Aguntum. Die Bausteine stammen demnach vermutlich aus einer lokalen Produktionsstätte. Nach über 100 Jahren Grabungstätigkeit sei nun erstmals ein Ziegel mit völlig anderer Beschriftung aus der Erde geholt worden. Er trägt den Stempel „R†CRV“. „Dass es von dem Ziegel bislang nur ein einziges Stück gibt, ist wirklich beachtenswert“, erklärt Tschurtschenthaler. Untersuchungen in Innsbruck sollen nun zur Klärung des Rätsels beitragen. „Vielleicht gibt es irgendwo in der Literatur ein Beispiel, wo dieser einzelne Ziegel herkommen könnte“, hofft Tschurtschenthaler.
Am Mittwoch, 6. August, findet in Aguntum ab 10 Uhr eine Schaugrabung für alle Interessierten statt.