ImPulsTanz 2014: An Kaler und das Sich-Aufeinander-Zukrampfen

Wien (APA) - Seit mittlerweile fünf Jahren exploriert die österreichische Choreografin An Kaler die Bewegungswelt abseits zweidimensionaler ...

Wien (APA) - Seit mittlerweile fünf Jahren exploriert die österreichische Choreografin An Kaler die Bewegungswelt abseits zweidimensionaler Geschlechterbilder und ist damit nun bereits das dritte Jahr in Folge beim Wiener ImPulsTanz zu Gast. Mit ihrer Uraufführung „Contingencies“ beleuchtete sie am Dienstagabend die Begrenzung des Körpers im Raum und das Unvermögen zur Interaktion mit dem Außen.

Aus dem schmutzigen Pulsieren des Elektrosounds im leeren Saal schälen sich nur zögerlich Bewegungen der fünf separiert stehenden Performer, darunter Kaler selbst. Vieles bleibt zunächst nur der Hauch einer Bewegung, nur das Präludium zu deren Ausführung. Die Akteure erstaunen über ihre eigene Körper- und Beweglichkeit, vor der sie immer wieder zurückschrecken und autistisch in sich verharren.

Als Gegenüber dient lange Zeit einzig der Raum in seiner ganzen Dimension, nicht der andere, der unbeachtet bleibt. Ein verkrampftes Sich-Winden dominiert, das nicht nach außen in Kontakt tritt. Beinahe die Hälfte des Abends muss verstreichen, bevor die erste Berührung stattfindet - unsicher wie im Umgang mit dem eigenen Körper.

Eine Zuwendung findet trotz Berührung nicht statt - man agiert weiterhin inwendig, nicht mit dem Gegenüber, das lediglich den Raum als äußere Begrenzung ersetzt hat. Körperliche Nähe findet statt, Interaktion nicht. Im sich kulminierenden Aneinander-Krampfen bekommt der Einzelne zwar einen Zeitlupentritt ins Gesicht, aber niemals einen Blick ab. Dabei tastet sich auch das Licht scheinbar orientierungslos durch den Raum, erhellt mal die Performer, bisweilen die unbelebten Ecken.

Nur flüchtig, im Sekundenbruchteil taucht eine liebevolle Geste aus dem Strudel auf, die jedoch ebenso schnell wieder verhaucht wie sie entstand. Immerhin wird dem Anderen nicht mehr Widerstand entgegengebracht als dem eigenen Ich - und vielleicht liegt ja darin ein Moment der Annäherung. Für dieses traurige Resümee lässt sich Kaler allerdings viel Zeit, obgleich ihre Arbeit mit 50 Minuten scheinbar kurz bemessen ist. Vereinzeln kann man jedoch auch in einer halben Stunde.

(S E R V I C E - An Kaler „Contingencies“ im Kasino, Schwarzenbergplatz 1, 1010 Wien. Mit Joris Camelin, Tom Engels, An Kaler, Noha Ramadan und Rodrigo Sobarzo. Weitere Aufführung am 31. Juli um 21 Uhr. http://impulstanz.at/performances/2014/id657/)