Portugal-Krisenbank Espirito Santo wird am Abend Riesenverlust melden

Lissabon (APA/dpa-AFX/Reuters) - In Portugal warten Börsianer gespannt, welche Hiobsbotschaft die Krisenbank Espirito Santo (BES) am Abend f...

Lissabon (APA/dpa-AFX/Reuters) - In Portugal warten Börsianer gespannt, welche Hiobsbotschaft die Krisenbank Espirito Santo (BES) am Abend für den Markt parat hat. Nach Börsenschluss wird sie die Zahlen für das erste Halbjahr nennen. Dienstagabend hat das Management kurzfristig eine Sonder-Hauptversammlung am Donnerstag abgesagt.

Die Onlineausgabe der portugiesischen Wochenzeitung „Expresso“ hatte zuvor berichtet, dass sich die Verluste der wichtigsten Privatbank des südeuropäischen Landes im ersten Halbjahr auf rund 3 Mrd. Euro belaufen könnten. Das wäre eine Rekordsumme für den Bankensektor Portugals. Somit könnte die Bank zu einer weiteren Kapitalerhöhung gezwungen sein. Die kommentierte dies nicht. Andere Medienberichte schätzten den Verlust auf 1 bis 2 Mrd. Euro.

Auf der abberaumten Aktionärsversammlung sollte morgen eigentlich über die neue Unternehmensführung abgestimmt werden, die auf Betreiben der portugiesischen Zentralbank als Ersatz für Mitglieder der Familie Espirito Santo ernannt wurde.

Begründet wurde die Absage gegenüber der Finanzaufsicht mit „unerwarteten Ereignissen.“ Die Finanzgesellschaft ESFG, die 20 Prozent des Bank-Kapitals hält, hatte dieser Tage Insolvenz beantragt, sie konnte Schulden nicht mehr zahlen. Zwei weitere Gesellschaften der GES-Gruppe der mächtigen Espírito-Santo-Familie - die Investmentgesellschaft RioForte und die Espírito Santo International (ESI) - begaben sich ebenfalls unter Gläubigerschutz-

Der BSE-Aktienkurs ist in den vergangenen Wochen, als die Krise um die Bank hochkochte, schon um 60 Prozent eingebrochen. Dienstagabend kurz vor Handelsschluss waren es erneut 10 Prozent Kursverlust. Am Mittwochvormittag ging es weiter nach unten.

Sollte heute Abend tatsächlich ein Verlust von rund 3 Mrd. Euro für das erste Halbjahr gemeldet werden, wäre dieser Fehlbetrag höher als die 2,1 Milliarden Euro, die Banco Espírito Santo derzeit angeblich an überschüssigem Eigenkapital hält, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“/FAZ am Mittwoch. Die portugiesische Notenbank hat vorsichtshalber mitgeteilt, die geplante Kapitalerhöhung der größten privaten Geschäftsbank des Landes werde nicht scheitern, da für den Notfall staatliches Geld vorhanden sei.

Marktteilnehmer fürchteten aktuell, dass die nachrangigen Anleihen nicht vollständig zurückgezahlt werden, falls die Bank aus dem Niedergang der Unternehmensgruppe der Familie Espírito Santo höhere Schäden erleiden sollte als bisher gedacht.

Ein Teil des jetzt erwarteten Riesenverlusts im Halbjahr ergäbe sich, so die „Neue Zürcher Zeitung“/NZZ, aus verlorenen Forderungen an insolvente übergeordnete Holdings der Gruppe Espírito Santo (GES) mit Sitz in Luxemburg. Kürzlich hatte die Bank ihr Exposure bei diesen Gesellschaften auf fast 1,2 Mrd. Euro beziffert. Analysten glauben, dass die Bank davon rund 600 Mio. Euro als Verlust verbuchen könnte. Hinzu kämen womöglich 700 Mio. Euro für die Erstattung von Schuldtiteln der Holdings, die das Institut über sein Filialnetz an Private verkauft hatte. Schwer absehbar seien mögliche Ausfälle in Angola, die nach einer Einschätzung der Citigroup von null bis bis 1,7 Mrd. Euro reichen könnten.

Die Angehörigen der BES-Gründerfamilie gelten als die „Rockefellers“ Portugals. Der Banker-Clan Espírito Santo ist eine der wohlhabendsten und einflussreichsten Familien im Land. Ihr Firmenkonglomerat ist unter anderem in den Bereichen Finanzen, Versicherungen, Tourismus und Landwirtschaft tätig