Slowenien: Wahlsieger Cerar hat Parlamentsmehrheit schon sicher
Ljubljana (APA) - Zwei Wochen nach seinem fulminanten Sieg bei der slowenischen Parlamentswahl hat sich Neopolitiker Miro Cerar nun auch die...
Ljubljana (APA) - Zwei Wochen nach seinem fulminanten Sieg bei der slowenischen Parlamentswahl hat sich Neopolitiker Miro Cerar nun auch die erforderliche Mehrheit für seine Kür zum Regierungschef gesichert. Nach der zweiten Runde der Sondierungsgespräche am Dienstag kündigte nämlich die Demokratische Pensionistenpartei (DeSUS) ihren Eintritt in die künftige Regierung an.
Die „Partei von Miro Cerar“ (SMC) und DeSUS haben zusammen eine absolute Mehrheit von 46 der 90 Mandate im slowenischen Parlament. Die Verfassung schreibt eine Wahl des Regierungschefs mit mindestens dieser Mehrheit vor. An diesem Erfordernis war der Wahlsieger des Jahres 2011, Zoran Jankovic, gescheitert.
SMC und DeSUS vereinbarten auch, dass bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Freitag der bisherige Außenminister und DeSUS-Vorsitzende Karl Erjavec zum Parlamentspräsidenten gewählt wird. Dieser Posten fällt in Slowenien traditionell der zweitstärksten Regierungspartei zu. Erjavec, der auch als möglicher neuer slowenischer EU-Kommissar gehandelt wird, schloss nicht aus, dass er das Amt wieder zurücklegen könnte.
Cerar sagte am Dienstag, dass er weiterhin auf eine „breite Koalition“ setze. Dem Vernehmen nach ist er vor allem an einem Regierungseintritt der christdemokratischen Partei „Neues Slowenien“ (NSi) interessiert. Damit will er der Kritik des wegen Korruption inhaftierten rechtsgerichteten Oppositionsführers Janez Jansa, Slowenien befinde sich im Würgegriff postkommunistischer Kräfte, die Spitze nehmen.
NSi-Chefin Ljudmila Novak pochte jedoch am Dienstagabend in einem Fernsehinterview darauf, dass sich Cerar die wirtschaftsliberalen Reformvorschläge ihrer Partei zu eigen mache. Man mache diese Vorschläge nicht aus engen Parteiinteressen, sondern weil sie von Experten unterstützt würden. Konkret nannte Novak zusätzliche Maßnahmen im Pensions- und Gesundheitsbereich. Der von Cerar vorgelegte Entwurf für ein Regierungsübereinkommen sei zu wenig konkret.
Während die Sozialdemokraten (SD) und das „Bündnis von Alenka Bratusek“ (ZaAB) der scheidenden Regierungschefin ebenfalls weiterverhandeln wollen, nahm sich die linksgerichtete „Vereinigte Linke“ (ZL) selbst aus dem Spiel. Die Partei, die bei der Parlamentswahl auf Anhieb sechs Prozent der Stimmen errungen hatte, sieht nämlich keine Berührungspunkte mit Cerar. Dieser hatte alle Parteien mit Ausnahme der Demokratischen Partei (SDS) Jansas zu Sondierungsgesprächen eingeladen. Die SDS erkennt Cerars Wahlsieg nicht an und hat den angesehenen Verfassungsrechtler in eine Reihe mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko gestellt.
Im Entwurf des Koalitionsabkommens werden Rechtsstaat und Bürokratieabbau als Prioritäten genannt. Die Arbeitseinkommen sollen durch die Einführung einer Höchstbeitragsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge entlastet werden, außerdem soll Unternehmen ein Investitionsfreibetrag gewährt werden. Im Energiesektor plant die SMC den Ausbau der Atomenergie. Über den Bau eines zweiten Reaktorblocks im Atomkraftwerk Krsko soll aber eine Volksbefragung stattfinden. Etwas zurückhaltender als die bisherige Regierung sieht Cerar die Privatisierung von Staatsunternehmen. So sollen „Schlüsselunternehmen“ im Infrastrukturbereich weiter in Staatsbesitz bleiben.
Unterdessen wird mit Spannung erwartet, wie das neue Parlament mit dem inhaftierten Oppositionsführer Jansa umgehen wird. Er büßt nämlich seit 20. Juni eine zweijährige Haftstrafe wegen Korruption beim Patria-Rüstungsdeal während seiner Amtszeit als Regierungschef ab. Wegen einer Gesetzeslücke konnte er bei der Parlamentswahl am 13. Juli trotzdem kandidieren und wurde auch gewählt. Offen ist, ob sein Mandat bei der konstituierenden Sitzung am Freitag auch bestätigt wird.
Jansa teilte über Twitter mit, dass er nach seinem umstrittenen Militärprozess wegen Geheimnisverrats im kommunistischen Jugoslawien schon nach einer Woche Haft selbst zur Arbeit nach Ljubljana gefahren sei. „Auch in der heutigen SRS (Sozialistischen Republik Slowenien, Anm.) ist das für andere möglich, für mich aber angeblich nicht“, meinte der Ex-Premier, der sich als Opfer der angeblich weiterhin an der Macht befindlichen Kommunisten im Land sieht.