1914/2014 - Vatikan wollte im Weltkrieg Österreichs Macht sichern

Vatikanstadt (APA) - Die Friedensdiplomatie des Heiligen Stuhls während des Ersten Weltkriegs war darauf ausgerichtet, die Donaumonarchie al...

Vatikanstadt (APA) - Die Friedensdiplomatie des Heiligen Stuhls während des Ersten Weltkriegs war darauf ausgerichtet, die Donaumonarchie als katholischen „Player“ in Europa abzusichern. Diese These vertritt der britische Historiker John Pollard in einem Interview mit Radio Vatikan laut Kathpress-Meldung vom Mittwoch.

„Grundsätzlich sah sich der Vatikan in der Verpflichtung, die Machtverhältnisse vor Ausbruch des Krieges zu sichern, um so das Gleichgewicht zwischen dem katholischen Österreich-Ungarn auf der einen Seite und dem protestantisch geprägten Deutschland auf der anderen zu erhalten“, sagte der emeritierte Universitätsprofessor aus Cambridge. Es sei dem Vatikan aber auch um das Gleichgewicht zwischen der Donaumonarchie und dem orthodoxen Russland gegangen.

Pollard ortete im Vatikan damals „eine gewisse Paranoia vor der Orthodoxie“. Über die ganze Zeit des Totalitarismus hinweg sei die Orthodoxie als eine Bedrohung gesehen worden. Die päpstliche Diplomatie habe auch Nationen kontaktiert, zu denen der Vatikan keine diplomatischen Beziehungen unterhielt. „Der Vatikan kommunizierte auch mit Präsident Wilson in den USA und versuchte ihn mit Nachdruck zu überzeugen, dass Amerika nicht in den Krieg eintritt“, sagte der Autor des Buches „Benedict XV - The Unknown Pope and the Pursuit of Peace“ (Benedikt XV. Der unbekannte Papst und das Bemühen um Frieden).

Aber nicht erst der für seine Friedensinitiativen geschätzte Benedikt gab der Vatikan-Diplomatie seine Linie vor, auch sein als Altösterreicher um beste Beziehungen zu Österreich bemühte Vorgänger Papst Pius X. Der im bis 1866 zu Österreich-Ungarn gehörenden Venetien geborene Pius X. starb aber schon drei Wochen nach Kriegsausbruch, am 20. August 1914. Der Weltenbrand soll ihm das Herz gebrochen haben, heißt es.