Bulgarien - Parteienstreit über Nachtragshaushalt blockiert Parlament

Sofia (APA) - Nachdem sich Bulgariens Parlament am Mittwoch (gestern) praktisch selbst aufgelöst hat, geht der Streit zwischen den Parteien ...

Sofia (APA) - Nachdem sich Bulgariens Parlament am Mittwoch (gestern) praktisch selbst aufgelöst hat, geht der Streit zwischen den Parteien über die Notwendigkeit des Nachtragshaushalts weiter. Auch am Donnerstag ist es zu keiner Plenarsitzung gekommen. Die Fraktion der bürgerlichen Oppositionspartei GERB blieb der Sitzung fern. Eine Parlamentsabstimmung über den Nachtragshaushalt gilt als unwahrscheinlich.

Die im Parlament bisher vertretenen Parteien streiten nach wie vor darüber, ob ein Nachtragshaushalt notwendig ist. Die sozialistische Fraktion beharrt darauf, dass die Staatsfinanzen „in bester Verfassung“ sind. Das sieht der zurückgetretene Finanzminister, Peter Tschobanow, in der sozialistisch dominierten Regierung anders. Deshalb reichte er die Etataufstockung ins Parlament ein. „Dadurch sollen die Puffer im Staatshaushalt aufgestockt werden“, argumentierte er. Ein Nachtragshaushalt würde allerdings die Staatsschulden auf 2,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöhen, blieben damit aber im Rahmen der Maastrichter Kriterien.

Nach dem überraschenden und endgültigen Rückzug der GERB aus dem Parlament am gestrigen Mittwoch, gilt die für kommenden Dienstag geplante endgültige Parlamentsabstimmung über den Nachtragshaushalt als unwahrscheinlich. Gefordert hatte sie die GERB, die nach der ersten Lesung vor zwei Tagen noch mit Ja zum Staatsetat 2014 gestimmt hatte.

Das Argument der Opposition ist, dass die zurückgetretene Regierung ein Haushaltsloch in Höhe von umgerechnet einer halben Milliarde Euro hinterlasse. Die Budgetaufstockung wurde auch vom früheren Juniorpartner im Kabinett Orescharski, der liberalen Partei der türkischen Minderheit (DPS), unterstützt. Deshalb häufen sich zurzeit die Medienkommentare über eine mögliche zukünftige Regierungskoalition der GERB mit der DPS. „Wir wollen nicht zulassen, dass solche Gerüchte die Bürger irreführen. Es gibt keine Koalitionsgespräche mit der DPS“, dementierte Oppositionsführer Bojko Borissow (GERB) die Annäherung seiner GERB-Partei mit der DPS. Die bürgerliche Oppositionspartei gilt als wahrscheinlichster Sieger bei den am 5. Oktober anstehenden Neuwahlen.

Den Nachtragshaushalt unterstützt auch der bürgerliche Präsident Rossen Plewneliew, der nächste Woche eine Interimsregierung bis zu den Neuwahlen einsetzen wird. Durch die aufgestockten Haushaltsmittel versucht er unter anderem auch, mehr Vollmachten für sein Kabinett zu bekommen und die Bankaffäre um die Corporate Commercial Bank zu lösen. Das viertgrößte Geldinstitut im Land wurde wegen einer Liquiditätskrise und mutmaßlichen Missmanagements unter Sonderaufsicht gestellt. Die Konten der Bankkunden bleiben vorerst bis 21. September gesperrt.

Die Parlamentsparteien sind sich nicht einig darüber, ob und in welcher Höhe der Staat bei der Bank einspringen soll. Noch ist unklar, ob nur die gesetzlich geschützten Einlagen bis zu 100.000 Euro aus dem Einlagensicherungsfonds garantiert werden sollen. Falls die Einlagen im vollen Umfang abgesichert werden sollen, wäre ein Nachtragshaushalt notwendig. Die noch amtierende Regierung setzt sich in diesem Fall für die Beschaffung von umgerechnet 1,4 Milliarden Euro auf dem Finanzmarkt ein.