Rosetta jagt mit Technik aus Österreich den Kometen

Wien/Graz (APA) - Der Ankunft der europäischen Raumsonde Rosetta beim Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ am 6. August fiebern auch heimische...

Wien/Graz (APA) - Der Ankunft der europäischen Raumsonde Rosetta beim Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ am 6. August fiebern auch heimische Wissenschafter entgegen. Denn an Bord der Sonde und der Landeeinheit „Philae“ sind in Österreich bzw. mit österreichischer Beteiligung gebaute Instrumente. „Wir können es kaum erwarten“, erklärte der Chef des Grazer Instituts für Weltraumforschung, Wolfgang Baumjohann.

Das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz ist an fünf wissenschaftlichen Instrumenten der Mission beteiligt. „Jahrelange Entwicklungsarbeit, Wartezeit und unser ganzes Herzblut stecken darin. Wir können es kaum erwarten, endlich die ersten Daten zu erhalten, die uns für die nächsten Jahre beschäftigen werden“, so Baumjohann in einer Aussendung. Die Instrumente wurden nach ihrem jahrelangen Winterschlaf bereits wieder eingeschaltet und getestet, nach Angaben der Wissenschafter funktionieren sie tadellos.

Unter der Federführung des IWF und mit Beteiligung des Austrian Institute of Technology (AIT), Joanneum Research, dem Unternehmen RUAG Space Austria und der Technischen Universität (TU) Wien wurde das Instrument MIDAS (Micro-Imaging Dust Analysis System) gebaut. MIDAS wird mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops an Bord von Rosetta auf einige Nanometer (ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters) genau die Struktur der vom Kometen freigesetzten Staubteilchen messen und ein dreidimensionales Bild der Teilchen liefern. Die Forscher erwarten sich davon Aufschluss über die physikalischen Eigenschaften des Kometen.

Die Wissenschafter vermuten, dass der Schweifstern noch Staubteilchen enthält, aus denen vor rund 4,5 Milliarden Jahren das Sonnensystem gebildet wurde. Aus Struktur, Form und Art des Zusammenklumpens erhoffen sie sich neue Erkenntnisse darüber, wie die Planeten entstanden sind. Der Staub wird mit Hilfe eines speziellen Mechanismus während der gesamten Zeit, in der die Sonde den Kometen begleitet, gesammelt, die aufgenommenen Bilder und Daten zur Erde gesendet.

Während MIDAS die Form der Staubteilchen erforscht, soll das Experiment COSIMA mit Hilfe eines Massenspektrometers deren chemische Zusammensetzung analysieren. Das IWF hat dafür die Steuerungselektronik entwickelt, vom AIT stammt die für die Untersuchung notwendige Ionenquelle.

Die Magnetfelder in der Umgebung des Kometen stehen im Mittelpunkt des Interesses des Experiments RPC-MAG, mit dem erstmals Langzeituntersuchungen eines Kometenschweifs durchgeführt werden. Für dieses Experiment hat das IWF die Datenerfassungseinheit entwickelt.

Das IWF ist auch an einigen Instrumenten für die Landeeinheit „Philae“ beteiligt. Dazu zählen die Harpunen, die dem Lander zur Verankerung auf dem Kometen dienen und auch Wärmeleitfähigkeit und Festigkeit der Oberfläche messen. Das IWF hat den sogenannten Anker-Accelerometer entwickelt: Dabei handelt es sich um Sensoren in den Harpunen, die die Verzögerung des Ankers beim Eindringen in den Boden messen. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit.

Für das Experiment ROMAP, das direkt auf der Kometenoberfläche das Magnetfeld misst, hat das IWF eine Anlage entwickelt, die die Kalibrierung des Magnetometers in einem weiten Temperaturbereich erlaubt. Dies ist notwendig, da das Instrument auf dem Kometen extremen Temperaturen ausgesetzt sein wird.

Die Astrobiologin Pascale Ehrenfreund, Präsidentin des Wissenschaftsfonds FWF, ist nicht nur Mitglied des Wissenschafterteams für das österreichische Instrument MIDAS. Sie arbeitet auch in der Gruppe mit, die für das Experiment COSAC (Cometary Sampling and Composition Experiment) auf dem Lander „Philae“ verantwortlich ist. Dieses Instrument soll organische Stoffe auf dem Kometen identifizieren.

Das Wiener Weltraumtechnikunternehmen Ruag Space Austria hat nicht nur die Steuer- und Messelektronik für das Experiment MIDAS geliefert. Es zeichnete auch für den Wärmehaushalt der Sonde verantwortlich und lieferte die gesamte Thermische Isolation dafür.

(S E R V I C E - Am IWF wird am 6. August die Ankunft am Kometen live übertragen. Interessenten sind dazu eingeladen.)