Rosetta: Lander-Chef Ulamec überlegt, „wie man auf einer Ente landet“
Wien (APA) - Vor der Ankunft der europäischen Raumsonde „Rosetta“ beim Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ steigt die Spannung. Vor allem die...
Wien (APA) - Vor der Ankunft der europäischen Raumsonde „Rosetta“ beim Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ steigt die Spannung. Vor allem die überraschende Form des Kometen stellt die Experten vor Herausforderungen, wie der Projektleiter für die Lande-Einheit beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der Österreicher Stephan Ulamec, gegenüber der APA erklärte. Er überlegt, „wie man auf einer Ente landet“.
APA: Wie groß ist die Anspannung bei Ihnen und Ihrem Team vor der Ankunft von „Rosetta“ beim Kometen am 6. August?
Ulamec: Das wird jetzt immer spannender, weil wir ja fast jeden Tag bessere Bilder von dem Kometen bekommen. Die sind auch auf den ESA-Seiten im Internet zu sehen. Nachdem sich herausgestellt hat, dass der Komet offensichtlich aus zwei Brocken besteht und aussieht wie eine Gummiente, untersuchen wir nun, wie man auf einer solchen Ente landen kann.
APA: Erschwert diese unerwartete Form ihre Aufgabe, die Landeeinheit „Philae“ auf dem Kometen abzusetzen?
Ulamec: Es gibt keinen Grund, warum man nicht auf einer Ente landen kann. Aber es ist bahndynamisch recht anspruchsvoll und es gibt Stellen, wo man nicht landen kann. Um beim Bild der Ente zu bleiben: am Hals etwa kann man schlecht landen, am Kopf oder am Schwänzchen dagegen besser.
APA: Welche Daten benötigen Sie noch für die Entscheidung über den Landeort?
Ulamec: Wir haben bereits ein 3D-Modell in einer niedrigen Auflösung. Im August bekommen wir auch die Masse und Dichte des Kometen heraus, dann können wir konkretere Abstiegsszenarien überlegen für verschiedene Orte.
APA: Gibt es schon erste Hinweise über die Oberflächenbeschaffenheit, das Spektrum der Möglichkeiten reicht ja von weich wie Neuschnee bis hart wie Eis?
Ulamec: Dafür sind die Bilder noch zu schlecht aufgelöst. Man sieht zwar schon so etwas wie Löcher und Krater, aber wir müssen uns noch ein bisschen gedulden. Das geht jetzt aber sehr schnell. Wir hatten gerade noch 3.000 Kilometer Entfernung der Sonde vom Kometen, am 6. August werden es nur noch 100 Kilometer sein, da hat man dann die 30mal bessere Auflösung.
APA: Wie ist das weitere Prozedere bei der Entscheidung über den Landeplatz?
Ulamec: Am 24. August ist die Deadline, um fünf mögliche Landeplätze zu nennen. Aufgrund der Entenform des Kometen bin ich mir aber nicht sicher, ob wir tatsächlich fünf finden oder nur vier untersuchen. Dann wird auf zwei mögliche Kandidaten reduziert, ehe ein Monat vor der Landung die endgültige Entscheidung für den Landeort fallen soll.
APA: Wann soll die Landung erfolgen?
Ulamec: Es zielt immer mehr darauf hin, dass es der 11. November wird.
APA: Sie haben gerade noch die Harpunen getestet, mit denen der Lander auf dem Kometen verankert werden soll. Was können Sie sonst noch in der derzeitigen Phase tun?
Ulamec: Wir machen sehr viele Tests mit unserem Bodenreferenzmodell, einem Duplikat des Flugmodells bei uns in Köln. Da werden jetzt verschiedene Sequenzen durchgespielt, etwa in welcher Reihenfolge die Instrumente nach der Landung eingeschaltet werden, um die Batterie optimal zu nutzen. Zudem werden auch einige mögliche Fehlerszenarien durchgespielt, damit man diese nicht erst ausarbeiten muss, sondern schon in der Schublade hat.
Stephan Ulamec ist Projektleiter für die Lande-Einheit beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Der in Graz ausgebildete Geophysiker ist seit 1994 beim DLR und hat den Lander von Anfang an mitkonzipiert.
(S E R V I C E - Internet: http://sci.esa.int/rosetta/
(AVISO - Ein Bild von Ulamec ist im AOM abrufbar)