Deutscher Arbeitsmarkt trotzt den Krisen weltweit

Nürnberg (APA/Reuters/dpa) - Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich trotz leichter Sommerflaute unbeeindruckt von den internationalen Auswirku...

Nürnberg (APA/Reuters/dpa) - Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich trotz leichter Sommerflaute unbeeindruckt von den internationalen Auswirkungen der Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Juli nur um 39.000 auf 2,871 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Das ist die geringste Juli-Arbeitslosigkeit seit 1991.

Bei jungen Leuten unter 25 liegt die Arbeitslosigkeit sogar auf dem geringsten Juli-Wert seit der Wiedervereinigung. „Unsere Erwartungen für das zweite Halbjahr sind keine Verschlechterungen, aber auch keine wesentlichen Verbesserungen“, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise mit Blick auf die Folgen etwa der EU-Sanktionen gegen Russland für den Arbeitsmarkt. Ein Rückgang unter die Marke von 2,8 Millionen Arbeitslosen sei möglich.

„Der Arbeitsmarkt steht insgesamt stabil da“, sagte Weise. Hauptursache für die Zunahme sei jahreszeitlich bedingt „der Anstieg der Sucharbeitslosigkeit junger Menschen“. Sie beendeten im Sommer ihre schulische oder betriebliche Ausbildung und suchten eine neue Beschäftigung. Ihre Arbeitslosigkeit sei in der Regel von kurzer Dauer. Arbeitsministerin Andrea Nahles sagte in Berlin, die Chancen für die jungen Leute stünden sehr gut: „Wir haben einen sehr aufnahmefähigen Arbeitsmarkt.“ Die BA verzeichnete insgesamt 277.000 Arbeitslose unter 25 Jahren. Davon seien 77.000 länger als ein halbes Jahr erwerbslos.

Unter Herausrechnung der Saison-Schwankungen errechnete die BA eine bereinigte Abnahme um 12.000 Erwerbslose. Banken-Volkswirte hatten einen Rückgang um 5.000 erwartet. In den beiden Vormonaten war die Zahl gestiegen, da die Frühjahrsbelebung durch den geringen Aufbau von Arbeitslosigkeit im milden Winter geringer ausgefallen war als in der Vorjahren. „Der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Juli verdeutlich aber, dass dieser Effekt nun ausgelaufen ist und sich der generelle Aufwärtstrend fortsetzt“, erklärte Stefan Kipar von der BayernLB. Dafür spreche auch der weitere Stellenaufbau.

Die Krisen weltweit lassen den Arbeitsmarkt noch kalt. „Die internationalen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten wirken sich aktuell nicht nachteilig auf die gute Beschäftigungslage aus“, sagte Nahles. Zwar gebe es bei exportorientierten Firmen Unsicherheiten bei den Erwartungen: „Die gute Binnenkonjunktur fängt diese Unsicherheiten jedoch auf.“

Europaweit ist die Arbeitslosigkeit nur in Österreich geringer als in Deutschland, wie aus Zahlen der Statistikbehörde Eurostat vom Donnerstag hervorgeht. Sie bezieht sich auf die Juni-Zahlen, die nach internationalem Standard berechnet werden. Danach betrug die saisonbereinigte Arbeitslosenquote in Deutschland 5,1 Prozent, während sie in Spanien bei 24,5 Prozent und in Griechenland bei 27,3 Prozent (April-Wert) lag. Sowohl in der Eurozone als auch in der Europäischen Union (EU) insgesamt ging die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau weiter zurück.

Erwerbstätigkeit und Beschäftigung legen in Deutschland auf Rekordhöhe weiter zu. Im Juni gab es laut Statistischem Bundesamt 42,24 Millionen Erwerbstätige, zu denen auch Selbstständige, Beamte und Mini-Jobber gehören. Das waren 377.000 mehr als ein Jahr zuvor. Sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren im Mai nach BA-Berechnungen 29,72 Millionen Menschen und damit 442.000 mehr als vor einem Jahr. Das ist die höchste Beschäftigung seit Anfang der 90er Jahre. Für die BA wirkt sich das auch positiv in ihren Kassen aus: Statt eines erwarteten Defizits von 1,1 Milliarden Euro lag der rechnerische Fehlbetrag im Juli nur bei 430 Millionen Euro.

Der Arbeitsmarkt ist aber nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) „nicht so stabil, wie die aktuellen Arbeitslosenzahlen vermuten lassen“. In mehreren industriellen Sektoren werde inzwischen über Entlassungen verhandelt, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Donnerstag in Berlin. Wichtig sei jetzt, dass in dieser Situation das Fachkräftepotenzial erhalten bleibe und die Beschäftigten nicht in unterqualifizierte oder gar prekäre Arbeit gedrängt würden.

„Vor allem für Ältere - auch mit einer langjährigen Beschäftigung - ist dieses Risiko deutlich gestiegen“, sagte Buntenbach. Die Qualifizierung Arbeitssuchender, die bisher auch aus dem EU-Sozialfonds finanziert wurde, müsse weiter öffentlich gefördert werden, notfalls auch aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit.