Slowenien: Parlamentsmehrheit für Cerar doch auf wackligen Beinen

Ljubljana (APA) - Der slowenische Wahlsieger Miro Cerar kann der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am morgigen Freitag nicht ent...

Ljubljana (APA) - Der slowenische Wahlsieger Miro Cerar kann der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am morgigen Freitag nicht entspannt entgegensehen. Die schon als sicher gegoltene Mehrheit, die seine „Partei von Miro Cerar“ (SMC) zusammen mit der Pensionistenpartei (DeSUS) bilden sollte, steht nämlich seit Mittwochabend auf wackligen Beinen.

Ein Grund dafür dürfte auch das Tauziehen um den Kandidaten für den Kommissars-Posten sein. Einen oder mehrere Kandidaten will die scheidende Regierung noch heute nominieren.

DeSUS, die bereits ihren Eintritt in die Koalition angekündigt hat, ruderte am Mittwochabend vorerst wieder zurück. Der DeSUS-Vorsitzende und aktuelle Außenminister Karl Erjavec trat von seiner bereits vereinbarten Kandidatur für den Parlamentspräsidenten zurück und kündigte stattdessen eine härtere Verhandlungsposition in den laufenden Koalitionsgesprächen an.

Die Vereinbarung zwischen SMC und DeSUS, der als zweitstärkster Regierungspartei traditionell der Posten des Parlamentschefs zufallen sollte, wurde damit offenbar begraben. Cerars Partei muss nun einen eigenen Kandidaten für den Posten nominieren, wobei unklar ist, ob sie die erforderliche Mehrheit dafür sammeln kann.

In einer ähnlicher Situation befand sich 2011 der damalige Wahlsieger Zoran Jankovic: Zuerst konnte er seine Kandidatin für den Posten der Parlamentschefin nicht durchsetzen, später brachte er auch keine Koalition zusammen. Stattdessen wurde diese von dem konservativen Ex-Premier Janez Jansa gebildet.

Allerdings hat Cerar dank seines überragenden Wahlsieges, mit dem seine Partei alleine 36 Sitze im Parlament hält, bessere Karten als Jankovic damals. Cerar ist nämlich nicht alleinig auf die DeSUS für eine Regierungskoalition angewiesen, denn auch mit anderen potenziellen Partnern könnte er eine Parlamentsmehrheit zusammenbringen. Angesichts des bisher langsamen Verlaufs der Koalitionsgespräche bleibt es aber ungewiss, ob er mit anderen Parteien bis Freitag eine Einigung erreichen kann.

Beobachter vermuten mehrere Motive hinter Erjavecs Spieß-Umdrehen: Einerseits ist der DeSUS-Chef bekannt dafür, mit Ultimaten seine Forderungen durchzusetzen. Am Mittwoch hieß es von seiner Seite etwa, dass seine Partei bisher keine festen Zusicherungen für ihre Forderungen im Zusammenhang mit Pensionen erhalten habe. Anderseits dürfte dahinter auch seine Gekränktheit stehen, weil Cerar den bisherigen slowenischen EU-Kommissar Janez Potocnik für eine weitere Amtszeit auf dem Posten präferiert. Erjavec wird nämlich selbst als möglicher Kandidat für den Kommissars-Posten gehandelt.

Die Nominierung des slowenischen Kommissars-Kandidaten läuft trotz bevorstehenden Fristablaufs alles andere als glatt: Die scheidende Regierung von Ministerpräsidentin Alenka Bratusek, der ebenfalls Ambitionen auf den Brüsseler Job nachgesagt werden, mit Cerar als wahrscheinlichsten künftigen Premier konnte sich nicht auf einen Kandidaten einigen. Deshalb dürfte Slowenien mehrere Kandidaten vorschlagen. Die Regierung wird darüber bei der Sitzung am Donnerstagnachmittag entscheiden.

Als mögliche Kandidaten wurden am Mittwoch neben den bisherigen Kommissar Potocnik auch die scheidende Ministerpräsidentin Bratusek, der Außenminister Erjavec und die Europaparlamentarierin Tanja Fajon gehandelt. Allerdings ließ Potocnik am heutigen Donnerstag mitteilen, dass er im Fall einer Liste mit mehreren Kandidaten auf seine Kandidatur verzichten werde.