Ein Jahr Rohani: Große Erwartungen - Magere Ergebnisse
Teheran (APA) - Ein Jahr nach dem Amtsantritt des als moderat geltenden siebenten Präsidenten des Iran, Hassan Rohani, fällt die Bilanz ernü...
Teheran (APA) - Ein Jahr nach dem Amtsantritt des als moderat geltenden siebenten Präsidenten des Iran, Hassan Rohani, fällt die Bilanz ernüchternd aus. Trotz seiner Charmeoffensive gegenüber dem Westen ist außenpolitisch der Atomstreit mit einem Interimsabkommen nur entgiftet, aber nicht gelöst. Im Inneren bestimmen nach wie vor Restriktionen den Alltag in der Islamischen Republik.
„Im Iran gab es heuer schon mehr als 220 Hinrichtungen, die Menschenrechtssituation hat sich kaum gebessert seit Rohanis Amtsantritt, also kann man nicht von einem Richtungswechsel sprechen“, meint etwa ein Sprecher der UN-Menschenrechtsbehörde im Gespräch mit der APA.
Auch in einigen Teilen der iranischen Bevölkerung macht sich Enttäuschung breit. „Was haben wir denn für eine Seifenblase geschaffen? Waren wir so naiv zu glauben, dass alles besser wird? Wie wir wissen haben die Menschen Träume und deswegen kreieren sie sich oft eine Welt, in der alles besser wird“, empört sich der Jusstudent Arvin H.
Tatsächlich hat es Rohani zwar geschafft, dass der Iran international teilweise wieder aus seiner Isolation herausgekommen ist, doch die Liste der nicht eingehaltenen Wahlversprechen ist lang: Im Iran gibt es nach wie vor keine Bürgerrechtscharta und die Sittenwächter strafen, schlagen und foltern nach wie vor. Erst vor wenigen Tagen wurden wieder einige Journalisten verhaftet, unter ihnen drei Amerikaner.
Auch die Wirtschaft, die wegen der westlichen Sanktionen in Zusammenhang mit dem Atomstreit seit der Amtszeit von Rohanis Vorgänger Mahmoud Ahmadinejad in einer tiefen Krise steckt, erholt sich nur schleppend. Rohani konnte die rasante Talfahrt des Rial (60 Prozent Geldentwertung von 2011-2013) zwar bremsen, doch durch die Sanktionen sind die Einnahmen aus dem Ölexport, die Schlagader der iranischen Wirtschaft, stark gesunken.
Solange die Strafmaßnahmen nicht suspendiert werden, sprich der Atomstreit endgültig gelöst ist, wird Rohani ein kalter Wind entgegenwehen. Hier liegen ihm die mächtigen Hardliner im Nacken. Sie lehnen jegliche nukleare Zugeständnisse an den Westen ab.
Deren Sprachrohr ist der Chefredakteur der ultrakonservativen Tageszeitung „Keyhan“, Hossein Shariatmadari. Auf seiner Visitenkarte steht „Repräsentant des Obersten Geistlichen Führers Ayatollah Seyed Ali Khamenei“. Letzterer wählte den 61-jährigen Hardliner persönlich als seinen „verlängerten Pressearm“ aus.
Shariatmadari kann Wiener Atomverhandlungen nicht das Geringste abgewinnen. „Es hat überhaupt keinen Sinn mit dem Westen zu verhandeln“, so sein Credo. Den Interimsdeal bezeichnet er als „größten Fehler“.
Solange der Iran aber die internationale Gemeinschaft nicht eindeutig überzeugen kann, dass sein Atomprogramm wirklich nur friedlicher Natur ist, wird es keine Aufhebung der Sanktionen geben.
Gelingt es Rohani, diese Frage zu lösen, dann könnte er seine Widersacher schwächen und sich den innenpolitischen Problemen widmen. Gelingt dies nicht, könnte er wie sein Vor-Vorgänger Mohammad Khatami als jener Präsident in die iranische Geschichte eingehen, von dem viel erhofft wurde, der aber nur wenig davon umsetzen konnte.