Bühne

Opulente Geburtstagsgabe

Der „Rosenkavalier“ wird derzeit bei den Salzburger Festspielen gezeigt.
© APA/Gindl

Zum diesjährigen Richard-Strauss-Gedenkjahr philharmonischer Klangrausch und weitläufige Bühneneleganz beim neuen „Rosenkavalier“ der Salzburger Festspiele.

Von Ursula Strohal

Salzburg – Im 150. Jahr des Geburtstages von Festspiel-Mitbegründer Richard Strauss gehört der „Rosenkavalier” in den Salzburger Sommer, und Intendant Alexander Pereira holte dafür ein hocherfahrenes Leading Team: Regisseur Harry Kupfer, Bühnenbildner Hans Schavernoch und ursprünglich Zubin Mehta, für den Franz Welser-Möst die musikalische Leitung übernahm. Das Ergebnis ist eine Breitwandfassung in jeder Hinsicht, die Besonderheit, dass die Oper ungekürzt zu hören ist. Nach vierdreiviertel Stunden war der Applaus des Publikums im Großen Festspielhaus zustimmend, aber kurz. Vereinzelte Buhrufe gingen unter.

Welser-Möst, der schon im Frühjahr an der Staatsoper mit den Wiener Philharmonikern durch den „Rosenkavalier“ gegangen ist und in Wien prinzipiell gefeiert wird, hat in Salzburg den Orchestergraben hochfahren lassen (wie es einst Karajan tat) und sich damit zu viel zugemutet: Er konnte zwar seine Detailkenntnis ausspielen, aber keine Balance zur Bühne herstellen. Ein per se bestechender Klangrausch, von Welser-Möst forciert, deckte die Solisten und selbst personenreiche Chorgruppen weitgehend zu, sie kamen nur durch, wo sich der brillante Instrumentierer Strauss auf kammermusikalisches Niveau zurückzieht. Vom Aufführungsdefizit abgesehen, hatte es viel für sich, die Partitur bzw. die Philharmoniker in dieser Lautstärke und Präsenz wie unter der Lupe zu hören, gleichsam jeden Strichwechsel und kleinsten Bläsereinwurf, jede Farbnuance, subtile harmonische Rückung und dynamische Entwicklung.

Angesiedelt ist dieser „Rosenkavalier“ um die Entstehungszeit 1911, als die Welt in Ordnung schien und schon im Umbruch war, mit Ringstraßenflair und Jugendstilelementen, auch in den Kostümen (Yan Tax). Schavernoch leerte die Bühne mit ihren wenigen barocken Versatzstücken (Türe, Spiegel, Bett) zugunsten riesiger, wechselnder Architektur-Projektionen, aus den Palais schaute man auf den Prater, das Kunsthistorische Museum, das Palmenhaus. Die finale Blamage des Ochs findet in einem Praterbeisl statt, dann wandert man weiter zur Melancholie verhangener Praterauen, der anfangs schon die Marschallin, die nachts die Uhren anhält, erliegt. Zunächst hat sie noch anspannen lassen, am Ende steigt sie in ihr weißes Luxuscabriolet.

In der szenischen Eleganz, deren hintergrundfüllende Projektions-Perspektiven die Menschen nicht nur in Faninals Neureichen-Ambiente klein werden lässt, inszeniert Kupfer mit souveräner Hand, einigen fein gezeichneten Details, aber auch Klischees. Dass der Ochs auf Lerchenau kein alter, fülliger Komödientypus wie gehabt sein muss, hätte, wer nun Günther Groissböck als Entdeckung feiert, schon bei Brigitte Fassbaender in Innsbruck erfahren können. Groissböck gibt den Landbaron, wie von den Autoren angelegt, als testosteronberstenden, äußerlich attraktiven Mittdreißiger, doch schlifflos und brutal gegenüber vermeintlich Subalternen. Er singt gepflegt, ohne Prahlerei, ohne die nötige Tiefe. Seine stets gestrichene, handfeste „Mägdeerzählung“ erweitert das üble Charakterbild.

Krassimira Stoyanova singt die Marschallin gepflegt, ohne Koketterie mit melancholischem Tiefgang. Der Octavian der Sophie Koch ist bewährt, souverän und doch empfindsam. Von Mojca Erdmanns Sophie war kaum etwas zu hören, es ist fraglich, warum dieser kleine, reizlose Sopran die Salzburger Festspiele erreicht. Auch Adrian Eröds Darstellung verschwand in den Dimensionen der Aufführung.