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Rauch lichtet sich: Tabakriesen reagieren

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Raucher werden von immer mehr Orten verbannt, Schockbilder sollen abschrecken. Die großen Tabakkonzerne reagieren darauf: Sie drehen an der Preisschraube – und suchen neue Märkte.

London –„Dies ist ein Nichtraucherflug.“ Die Flugbegleiter wiederholen es beharrlich vor jedem Start. Dabei käme wohl kaum einer der Passagiere auf die Idee, sich eine Zigarette anzustecken. Raucherabteile im Zug sind ausgestorben, ebenso verqualmte Großraumbüros wie in der TV-Serie „Mad Men“. Viele Cafés, Lokale und Clubs schicken Raucher bei Wind und Wetter vor die Tür. Und künftig werden Zigaretten voraussichtlich noch mehr kosten. Das sind schlechte Nachrichten für Raucher – und ein Zeichen dafür, dass die Tabakkonzerne unter Druck stehen.

Regierungen arbeiten daran, Zigaretten und ihre Verpackung möglichst unattraktiv zu machen. Spätestens 2016 warnen auch in der EU große Schock-Fotos vor fatalen gesundheitlichen Folgen des Qualms – Werbung für die Glimmstängel ist weitgehend verboten.

In Deutschland etwa fiel der Tabakwaren-Verbrauch pro Kopf von jährlich rund 1700 Stück im Jahr 2000 um über 40 Prozent auf unter 1000 im vergangenen Jahr. EU-weit geht die Zahl der Raucher zurück. In den USA rauchte bereits 2010 nicht einmal mehr ein Fünftel der Erwachsenen Zigaretten. In Österreich rauchen etwa 38 Prozent der Bevölkerung – ein sehr hoher Wert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will bis zum Jahr 2040 den Anteil der Raucher an der Weltbevölkerung bei nur noch fünf Prozent sehen. In der Alpenrepublik gibt es diesbezüglich also noch viel zu tun.

Die Tabakkonzerne beklagen indes die angebliche Regulierungswut. Schmuggel unversteuerter Zigaretten und Arbeitsplatzverlust seien die Folgen. Hat die Industrie tatsächlich Grund zur Sorge? PMI meldet genauso wie die europäischen Konkurrenten British American Tobacco („Lucky Strike“) und Imperial Tobacco („Gauloises“, „West“) rückläufige Verkaufszahlen. Und das nicht nur in Europa und den USA. Zuletzt haben sich Steuererhöhungen etwa im weitgehend unregulierten Raucher-Paradies Philippinen deutlich bemerkbar gemacht. Auch auf dem größten nationalen Markt in China rückt, wenn auch zögerlich, der Nichtraucherschutz in den Fokus.

In Not ist die Branche allerdings nicht. Seit 2009 steigerte etwa „Marlboro“-Produzent PMI den Gewinn von 6,3 auf 8,6 Milliarden US-Dollar. Mit Preiserhöhungen lässt sich einiges ausgleichen, denn viele Raucher geben ihre Leidenschaft – oder auch Sucht – nicht gleich auf, weil die Packung etwas mehr kostet. „Klar stehen wir gut da“, heißt es in Branchenkreisen. So deutlich zitiert werden will aber keiner, würde es doch die Argumente gegen Regulierung und mehr Steuern entkräften.

Trotzdem ist klar, dass es im klassischen Geschäft mit der Zigarette vor allem im Westen nicht mehr viel zu gewinnen gibt. Auf dem Vormarsch sehen Analysten eine rauchfreie Alternative. Bis zu 200 Millionen Euro könne der Handel mit E-Zigaretten in diesem Jahr umsetzen, prognostiziert der Verband des eZigarettenhandels (VdeH).

Die batteriebetriebenen Geräte zur Verdampfung aromatisierter Flüssigkeiten – mit oder ohne Nikotin – würden „die Tabakzigarette gleichsam ablösen, wie vor gut hundert Jahren das Auto die Pferdekutsche abgelöst hat“, ist Verbandschef Dac Sprengel überzeugt. Die E-Zigarette ist aber umstritten: Experten sind uneins, ob sie Menschen beim Aufhören hilft oder ans Rauchen heranführt.

Längst haben die großen Tabakkonzerne ein Auge auf die dampfende Konkurrenz geworfen. Das US-Unternehmen Lorillard kaufte bereits 2012 die Marke „Blu“. Die Altria Group („f6“, „L&M“) hat sich mit „Green Smoke“ im Februar die zweite E-Marke zugelegt.

Im Gegenzug machen die Regierungen sich zunehmend Gedanken über die Verdampfer. Nikotinhaltige E-Zigaretten sollen laut Tabakrichtlinie in der EU künftig als Tabakprodukte oder Arzneimittel behandelt werden und damit strengeren Verkaufsvorschriften unterliegen. Bei den meisten Airlines ist das Dampfen im Flugzeug bereits jetzt verboten. (TT, dpa)