Rückschlag im globalen Kampf gegen Handelshürden
Neu-Delhi/Genf (APA/Reuters) - Die Bemühungen um einen weltweiten Abbau von Handelshürden haben einen Rückschlag erlitten, der auch die Welt...
Neu-Delhi/Genf (APA/Reuters) - Die Bemühungen um einen weltweiten Abbau von Handelshürden haben einen Rückschlag erlitten, der auch die Welthandelsorganisation (WTO) schwächt. Am Widerstand Indiens scheiterte in der Nacht zum Freitag der Versuch, die bereits im Dezember von den 160 WTO-Mitgliedern verabredeten Handelserleichterungen umzusetzen.
„Es ist uns nicht gelungen, eine Lösung zu finden, die uns eine Überbrückung der Gegensätze erlaubt hätte“, erklärte WTO-Generalsekretär Roberto Azevedo.
Indien hatte seine Unterschrift verweigert, weil das Land dauerhafte Subventionsmöglichkeiten bei Grundnahrungsmitteln nicht hatte durchsetzen können. Während unter anderem aus Deutschland und den USA Kritik kam, äußerten indische Regierungskreise die Bereitschaft, bis September doch noch eine gemeinsame Lösung zu suchen.
Von den Handelserleichterungen versprechen sich deren Befürworter einen Impuls für die Weltwirtschaft von bis zu einer Billion Dollar sowie bis zu 21 Millionen neue Stellen. Dass die Umsetzung der in Bali vergangenen Dezember verabredeten Maßnahmen nicht gelang, schwächt die Position der WTO. Manche Experten sehen bereits den „Anfang vom Ende“ der Organisation, die seit ihrer Gründung vor 19 Jahren das Ziel eines freieren Welthandels verfolgt.
Enttäuscht äußerte sich neben vielen Mitgliedsländern auch Deutschland. „Die Konsequenzen für die weitere Arbeit der WTO sind noch nicht absehbar“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Es warf Indien vor, aus innenpolitischen Gründen die Handelserleichterungen blockiert zu haben. Das Ministerium warnte, besonders Schwellen- und Entwicklungsländer würden die Folgen zu spüren bekommen. Der Industrieverband BDI sprach von einer großen Chance, die vertan worden sei. Damit werde es nicht zu Kostensenkungen von bis zu 15 Prozent kommen, die die geplanten Zollerleichterungen gebracht hätten.
US-Außenminister John Kerry nannte Indiens Blockade bei einem Besuch in Neu Delhi ein „verstörendes Signal“. Er forderte die neue indische Regierung auf, den entstanden Schaden schnellstens zu reparieren. „Dieser Misserfolg ist ein schwerer Schlag gegen die wiedererweckte Hoffnung, dass die WTO das umsetzen kann, was man verabredet hat“, kommentierte Australiens Handelsminister Andrew Robb.
Aus Kreisen des indischen Handelsministeriums hieß es beschwichtigend, noch sei das Bali-Abkommen nicht tot. Indiens Regierung sei darauf eingestellt, mit den anderen WTO-Mitgliedern eine Lösung zu suchen, damit im September Verträge zu Handelserleichterungen wie zur Nahrungsmittelversorgung im eigenen Lande unterzeichnet werden können.
Das Veto Indiens gegen das Abkommen kam für die meisten Fachleute völlig überraschend. Im Dezember hatte das Land noch in Bali der Vereinbarung über Zollerleichterungen zugestimmt und von einer Meilenstein in der Geschichte der WTO gesprochen. Die damalige Regierung hatte ausgehandelt, dass Indien zur Sicherung der Versorgung seiner Bevölkerung mit subventionierten Nahrungsmitteln eine auf vier Jahre befristete Übergangsregelung gewährt wurde. Indiens neue Regierung wollte eine unbefristete Lösung dieser Frage durchsetzen.
~ WEB http://www.wto.org/ ~ APA503 2014-08-01/17:19