Dem Südsudan droht eine riesige Hungerkatastrophe
Mehrere Millionen Menschen in den Flüchtlingslagern im Norden des Landes sind laut UNO-Experten auf Hilfe angewiesen.
Juba, Wien –„Einfach erschütternd.“ So bezeichnet die Mitarbeiterin der Hilfsorganisation CARE, Sandra Bulling, die Situation in dem afrikanischen Krisenstaat Südsudan, aus dem sie erst kürzlich zurückkehrte. „Die meisten Flüchtlingslager sind ein Brutherd für Krankheiten, da die hygienischen Zustände ein Albtraum sind“, berichtete die Deutsche.
Seit der Eskalation der Gewalt im jüngsten Staat der Welt sind rund 1,5 Millionen Menschen vertrieben worden – davon 400.000 über die Landesgrenze in Nachbarländer, besonders nach Äthiopien und Uganda. „Der militärische Konflikt fokussiert sich vor allem auf die nördlichen Regionen Upper Nile, Unity und Jonglei“, erklärte Bulling. Laut jüngsten Schätzungen der Vereinten Nationen werden bald 3,5 Millionen Menschen von Nahrungsknappheit betroffen sein – es droht eine riesige Hungerkatastrophe.
Bulling besuchte die nördliche Stadt Bentiu und reiste durch die Region Uror, wo sie auch in einem Flüchtlingslager war. „Die UNO und NGOs sind zwar stark vertreten, allerdings sind die Hilfsmaßnahmen im Land eine sehr aufwändige logistische Herausforderung, da im Land kaum Infrastruktur vorhanden ist“, hielt die Helferin fest. Weil Straßen schlecht befahrbar sind, findet die Versorgung vor allem per Flugzeug statt, wodurch ein enormer Kostenaufwand entstehe, erklärte Bulling.
Der Südsudan sei sehr stark auf internationale Hilfe angewiesen. „Der ethnische Konflikt, die derzeitige Regenzeit und die drohende Hungerkatastrophe erschweren die Situation enorm“, so die NGO-Mitarbeiterin. Bei einer Geberkonferenz für den Südsudan im Mai in Oslo seien 1,3 Milliarden Euro an Hilfsgeldern versprochen worden, „angekommen ist von diesen zugesagten Geldern lediglich die Hälfte“, kritisierte sie.
Es bestehe derzeit auch die große Gefahr, dass sich eine Epidemie im Land ausbreitet – was vor allem auch auf die gegenwärtige Regenzeit zurückzuführen ist. Vereinzelt seien Cholera-Fälle aufgetreten. „Es war, als würde man durch eine riesige Kloake laufen“, zeigte sich Bulling besorgt über die Zustände im Flüchtlingslager.
„Es bleibt zu hoffen, dass sich die Konfliktparteien bis zum 10. August auf eine Übergangsregierung einigen“, meinte die CARE-Mitarbeiterin im Hinblick auf eine Verbesserung der Lage im Südsudan. Die NGOs sind stark auf Spenden (CARE-Spendenkonto: IBAN: AT77 6000 0000 0123 6000, Stichwort: Südsudan) von außen angewiesen, um ihre Hilfeleistungen aufrechterhalten zu können. Lichtblicke gebe es im Land derzeit kaum, es gelte das Prinzip der Hoffnung.
CARE unterstützt im Südsudan zahlreiche Hilfsprojekte zum Aufbau von Infrastruktur sowie den Erhalt von 40 Kliniken im Land. Trotz eines im Mai unterzeichneten Friedensabkommens zwischen Präsident Salva Kiir und seinem Widersacher Riek Machar kommt der Südsudan nicht zur Ruhe. Die blutigen Übergriffe seit mehr als sechs Monaten haben auch ethnische Hintergründe: Kiir gehört der Volksgruppe der Dinka an, Machar jener der Nuer. Im Dezember war ein Machtkampf zwischen den beiden Politikern eskaliert. Hinter dem Konflikt wird aber auch ein Streit über die Ölfelder zwischen dem Sudan und dem Südsudan in der umstrittenen Region Abyei vermutet. (APA)