Kern: ÖBB kein „Politzoo“ und gehört nicht den Parteien 1

Wien (APA) - Der Chef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Christian Kern, wehrt sich gegen die jüngste Kritik an der Staatsbahn. „Die Ö...

Wien (APA) - Der Chef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Christian Kern, wehrt sich gegen die jüngste Kritik an der Staatsbahn. „Die ÖBB wird dargestellt als Politzoo. Sie gehört aber nicht den Parteien, sondern der Republik Österreich“, wettert Kern im Gespräch mit der APA. Von einer Zuordnung der ÖBB zur ÖIAG hält er nichts, das sei eine „künstliche Diskussion“.

Zuletzt hatte Vizekanzler ÖVP-Chef Michael Spindelegger scharfe Kritik an den Kosten der Bahn fürs Budget geübt und tiefgreifende Reformen und Teilprivatisierungen gefordert. Dass Spindeleggers Berechnungen einen groben Rechenfehler enthielten, den er selber eingestehen musste, darauf will Kern gar nicht mehr eingehen. Er verweist lediglich darauf, dass die Aufwendungen im Budget in den ersten sechs Monaten um 5 Prozent gestiegen seien, während die Aufwendungen der ÖBB im selben Zeitraum um 2,5 Prozent gefallen seien.

Die Investitionen der ÖBB kämen derzeit dem Budget „teuer“, doch das Investitionsprogramm der Bahn sei von der gesamten Bundesregierung einstimmig beschlossen worden, erinnert Kern. Die Stärkung der Bahn-Infrastruktur habe nicht nur langfristige Standortvorteile, sondern bringe auch kurzfristige ökonomische Impulse durch eine Anhebung des Wirtschaftswachstums.

Der seit nunmehr vier Jahren an der ÖBB-Spitze stehende Kern will die Staatsbahn nicht als Politspielball sehen. Das zeige sich auch bei den Postenbesetzungen. „Ich habe in vier Jahren keine politische Intervention für Positionen erlebt“. Die derzeitige Stellung der ÖBB sei auch in großem Maß Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) zu verdanken, die für ein „historisches Investitionsprogramm“ für den Ausbau der Bahn-Infrastruktur bzw. die dafür notwendigen Mittel gekämpft habe.

Die ÖBB unter das Dach der Staatsholding ÖIAG zu stecken, würde nur eine zusätzliche Berichtsebene einziehen und den Bemühungen um Vereinfachung der Verwaltung entgegenstehen, warnt Kern. Die derzeitige Rollenteilung mit dem Eigentümervertreter funktioniere gut: Das Verkehrsministerium nehme die Aufgabe des Eigentümers wahr um die politisch-strategischen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Kern sieht in den ÖBB „eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende geschrieben ist“. Umso unverständlicher sei es, wenn dieser Kurs nun „nicht faktenbasiert“ in Zweifel gezogen werde. Spindelegger hatte von einem Pensionsalter in den ÖBB von 53,9 Jahren gesprochen - für Kern eine falsche Darstellung. Man müsse hier die normalen Alterspensionen und die gesundheitsbedingt angetretenen Pensionen auseinanderhalten. Das Pensionsantrittsalter der regulären Alterspensionen liege bei den ÖBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Schnitt bei knapp 60 Jahren, betont Kern.

Die Bahn habe derzeit - wegen der Pensionierungswellen in den Jahren 2001 bis 2006 - zwar einen relativ hohen Altersschnitt in der Belegschaft, aber wenige Mitarbeiter, die im regulären Pensionsalter bzw. kurz davor seien. Dadurch ergebe sich ein verzerrtes Bild. Die große Herausforderung sei es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im Arbeitsleben zu halten. Von einer Verlagerung in andere Bereiche, etwa einen Wechsel in Ministerien, hält Kern hingegen wenig. ÖBB-Beschäftigte mit gesundheitlichen Problemen sollten an anderen Arbeitsplätzen, aber im Unternehmen gehalten werden.

Statt einer Diskussion, es gebe zu viele Beschäftigte, müsse man eigentlich schon eine andere Debatte führen, warnt Kern. Angesichts der demographischen Entwicklung werde die Bundesbahn künftig noch mehr der von ihr ausgebildeten Lehrlinge übernehmen, nämlich 75 bis 80 Prozent. Technische Berufe wie Fahrdienstleiter, Lokführer oder Wagenmeister drohten bald zu Mangelberufen zu werden. Insbesondere im Westen und im Süden Österreichs bemühe man sich daher jetzt schon verstärkt um Nachwuchsförderung in diesen Bereichen.

Grundsätzlich verschließe er sich Diskussionen über den Kurs der Bundesbahn nicht, diese sollten aber faktenbasiert und mit Verantwortung geführt werden. „Ich hoffe, dass wir wieder zu einer vernünftigen Diskussion zurückkehren“, appelliert Kern.

~ WEB http://www.oebb.at/ ~ APA086 2014-08-03/10:54