Fleischskandale verderben die Lust auf Schnitzel nicht
Obwohl Experten vor Umweltkonsequenzen warnen, steigt global der Fleischkonsum an. Beim Gammelfleisch in China gibt es Entwarnung.
Innsbruck, Wien –Gammelfleisch in China, gefährliche Bakterien im britischen Hendl, die grausigen Fleischskandale in der Lebensmittelbranche reißen nicht ab. Erst Ende voriger Woche wurde bekannt, dass zwei Drittel des gesamten Hühnerfleischs in Großbritannien mit Bakterien der Gattung Campybacter verseucht sind. Jährlich erkranken deswegen mehr als 280.000 Personen auf der Insel an Lebensmittelvergiftungen, rund 100 sterben daran, wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) warnte.
1Gefährdet der chinesische Gammelfleischskandal auch österreichische Konsumenten? Nein, heißt es bei der Ages, der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit auf TT-Anfrage. Das abgelaufene Fleisch, das in chinesischen Fabriken zu Burgern oder Hendlhaxen internationaler Fastfoodketten verarbeitet wird, sei für den Inlandsmarkt bestimmt. Frischfleisch aus China dürfe generell nicht in die EU importiert werden, verdorbene Nuggets oder Burger würden die strikten Kontrollen nicht bestehen. Dennoch exportiert China große Mengen an Fleisch und Fisch in die Europäische Union. Von den insgesamt 3205 Beanstandungen über das Schnellwarnsystem der EFSA stammten im Vorjahr 433 von chinesischen Importen.
2Sinkt der Fleischkonsum infolge der Skandale? Trotz des Pferdefleischskandals im Vorjahr, dioxinvergifteten Tierfutters 2010 oder der BSE-Krise ab 2000 essen die Österreicher seit Jahren anhaltend viel Fleisch, rund 66 Kilogramm werden jährlich verzehrt. Am beliebtesten ist Schweinefleisch mit einem Anteil von 63 % gefolgt von Rind bzw. Kalb sowie Hühnerfleisch mit je zwölf Prozent, wie die Agrarmarkt Austria (AMA) meldet. Die heimischen Fleischhersteller setzten zuletzt 2011 rund 1,8 Mrd. Euro um.
Weltweit legt der Fleischkonsum kontinuierlich zu. Weil die Mittelschicht in aufstrebenden Schwellenländern wächst, wird Fleisch für eine größere Bevölkerungsgruppe leistbar. Die Heinrich-Böll-Stiftung geht davon aus, dass der Fleischkonsum von derzeit global 300 Millionen Tonnen bis 2050 auf 470 Mio. Tonnen ansteigen werde.
3 Wie nachhaltig ist der hohe Fleischkonsum und die Massentierhaltung? Nicht nur Umweltschutzorganisationen warnen seit Jahren vor „verheerenden ökologischen Konsequenzen“ der Massen-Fleischproduktion. Die UN-Ernährungsorganisation FAO stellte fest, dass die Fleischproduktion mit einem weltweiten Anteil von 18 Prozent mehr Treibhausgase erzeuge als das globale Transportwesen. „Tierzucht ist einer der größten Verantwortlichen für die heutigen Klima- und Umweltprobleme“, bilanziert UN-Ernährungsexperte Henning Steinfeld. Besorgniserregend sei, dass mehr als ein Drittel der Weltgetreideproduktion an Tiere verfüttert werde, rechnet Professor Karl von Koerber vom Büro für Ernährungsökologie in München der TT vor. Knapp 40 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs fließe in die Massentierhaltung. Weil die Agrarflächen knapper werden, steigen auch die Nahrungsmittelpreise weiter an. (bea, APA)