Irak - Kurden bestätigten Einnahme weiterer Städte im Norden durch IS

Bagdad (APA/Reuters/AFP/dpa) - Die Extremisten der sunnitischen Bewegung Islamischer Staat haben nach Berichten von Zeugen mehrere Ortschaft...

Bagdad (APA/Reuters/AFP/dpa) - Die Extremisten der sunnitischen Bewegung Islamischer Staat haben nach Berichten von Zeugen mehrere Ortschaften im Norden des Iraks erobert, die bisher von kurdischen Kämpfern kontrolliert wurden. Die kurdischen Peschmerga-Truppen hätten sich aus der Stadt Sinjar an der syrischen Grenze zurückgezogen, sagte ein Vertreter der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Cheiri Sinjari, am Sonntag.

Damit wurden die Berichte auch von kurdischer Seite bestätigt. Neben Sinjar sei auch die Stadt Sumar sowie das Salah-Ölfeld und eine benachbarte Raffinerie den Rebellen in die Hände gefallen, berichteten die Augenzeugen.

Auf ihrer Internetseite erklärte die jihadistische radikal-sunnitische Terrorgruppe Islamischer Staat (IS, vormals ISIS/ISIL), sie habe zahlreiche kurdische Kämpfer getötet und neben den Städten auch zwölf Dörfer erobert. In Sumar hissten sie auf Gebäuden die schwarze Flagge. In anderen von ihnen eroberten Städten bildete das den Aufgalopp zu Massenhinrichtungen und der Durchsetzung fundamentalistisch-islamischer Vorschriften.

Um Waffen baten die kurdischen Autonomiegebiete mittlerweile die USA, um sich gegen die IS-Kämpfer zur Wehr setzen zu können. Ein entsprechendes Ersuchen sei von einer kurdischen Delegation Anfang Juli in Washington vorgetragen worden, hieß es in Kreisen der kurdischen und der US-Führung. Die USA hätten zugesagt zu prüfen, wie die Verteidigungsfähigkeit der Kurden verbessert werden könne.

Die Kurden erklärten, die US-Militärhilfe sei für einen Erfolg gegen die aus der Al-Kaida hervorgegangene Gruppe von entscheidender Bedeutung. Ihre Kämpfer benötigten Panzer, Ausrüstungen für Scharfschützen, gepanzerte Truppentransporter, Artillerie und Munition. Auf der Liste stünden zudem Schutzwesten, Helme sowie Tank- und Sanitätsfahrzeuge. Das werde nicht nur zum Schutz der Kurdengebietes gebraucht, sondern auch zur Verteidigung der irakischen Flüchtlinge, die sich in die Obhut der kurdischen Peschmerga-Miliz begeben hätten.

Inzwischen rief der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako die Christen im Irak erneut zum Verbleib in ihrer Heimat aufgerufen. „Weggehen ist keine Lösung“, sagte Sako dem „Osservatore Romano“ am Sonntag laut Kathpress. Die Christen hätten auch die Pflicht, an der Gestaltung einer friedlichen Zukunft im Irak mitzuwirken.

„Diese Mentalität beim ersten Gewehrschuss zu fliehen, ist nicht möglich“, so das Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche mit Sitz in Bagdad. Die Zahl der noch im Irak lebenden Christen schätzte Sako auf 400.000 bis 500.0000. Vor dem Einmarsch der USA betrug sie etwa 1,2 Millionen.

Zugleich bekräftigte Sako seine Ablehnung einer militärischen Intervention des Auslands. Ein solcher Schritt sei „immer ein Fehler“, weil er nur weitere Tote, Flüchtlinge und Ruinen hinterlassen würde. Dem Westen warf der Patriarch vor, nur wirtschaftliche Interessen im Nahen Osten zu verfolgen. Vom Westen erwarte er sich nur das „Schlechteste“, die Christen forderte er zu Geduld auf, berichtete Kathpress.

Die Terrorgruppe nahm neben Sinjar auch mehrere an die Stadt angrenzende Dörfer ein, die mehrheitlich von der religiösen Minderheit der Yeziden bewohnt werden. Auch die Stadtbevölkerung gehört der Minderheit laut einer Aussendung der deutschen Informationsstelle Kurdistans vom Sonntag an. „Sollte die Stadt durch IS eingenommen werden, würde das für die dort lebenden Menschen die Gefahr eines Massakers mit sich bringen“, hieß es.

In den Orten nördlich und westlich der Millionenstadt Mossul sei Panik ausgebrochen, berichteten Bewohner der Nachrichtenagentur dpa. Viele seien auf der Flucht in die benachbarten kurdischen Autonomiegebiete.

Die früher als ISIS/ISIL bekannte Terrorgruppe hatte im Juni den Norden Iraks im Handstreich unter ihre Kontrolle gebracht und dort ein Kalifat ausgerufen. Viele irakische Soldaten desertierten angesichts der Offensive der Extremisten oder liefen zu ihnen über. Derzeit steht die Gruppierung rund 100 Kilometer vor Bagdad und droht, auch die Hauptstadt einzunehmen. Zuvor hatten die Jihadisten den Bürgerkrieg in Syrien ausgenutzt, um dort in einigen Gebieten ihre fundamentalistische Herrschaft zu errichten. Im Irak finden sie teilweise bei den Sunniten Unterstützung, die sich von der Mehrheit der Schiiten im Land unterdrückt fühlen. Die Schiiten dominieren die Regierung in Bagdad.