Früherer IStGH-Richter: „Riesenverbrechen“ in Syrien nicht zu ahnden
Damaskus (APA/AFP) - Ein früherer Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat davor gewarnt, die syrischen Bürgerkriegsverbrec...
Damaskus (APA/AFP) - Ein früherer Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat davor gewarnt, die syrischen Bürgerkriegsverbrechen in Den Haag juristisch zu verfolgen. Der vor zwei Wochen verstorbene Hans-Peter Kaul sagte dem „Berliner Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe) kurz vor seinem Tod, „zum Glück“ hätten China und Russland alle derartigen Initiativen im UN-Sicherheitsrat gestoppt.
„Die internationale Gemeinschaft und alle Militärs dieser Welt trauen sich nicht nach Syrien rein, auch die Amerikaner mit ihrem riesigen Militärapparat nicht“, sagte Kaul. „Aber Ermittlerteams des Strafgerichtshofs sollen in einen heißen Bürgerkrieg? Das wäre eine ‚Mission Impossible‘ und eine zynische Art, den schwarzen Peter nach Den Haag zu schieben.“ In Syrien würden zwar zweifellos „Riesenverbrechen begangen“, das allein rechtfertige aber keine Überweisung an den IStGH, „nur weil dem Sicherheitsrat sonst nichts einfällt“.
Auf die Frage, ob der Strafgerichtshof im zwölften Jahr seines Bestehens erfolgreich sei, antwortete Kaul: „Er ist Teil der internationalen Realität, die Welt hat sich an ihn gewöhnt. Aber er wird auch immer Stückwerk bleiben.“ Dass Russland seine ablehnende Haltung ändere und sich den Vertragsstaaten des IStGH anschließen werde, glaube er nicht: „Mit dem Präsidenten Wladimir Putin sehe ich wenig Chancen.“
Optimistischer schätzte der langjährige Leiter des Völkerrechtsreferats im Auswärtigen Amt die Chancen für einen Beitritt Chinas ein: „Meine Prognose ist, dass China eines Tages vorangehen und vor Amerika beitreten wird.“ Die USA hingegen dürften aus Kauls Sicht noch lange außen vor bleiben, und das nicht nur wegen der fehlenden Mehrheit im Senat: „Die Wahrheit ist, die Amerikaner missachten den Grundsatz: Gleichheit vor dem Recht, gleiches Recht für alle.“