Russland-Sanktionen: Sobotka wegen Zurückhaltung unter Beschuss
Prag/Brüssel (APA) - Der tschechische sozialdemokratische Regierungschef Bohuslav Sobotka (CSSD) wird aufgrund seiner zurückhaltenden Äußeru...
Prag/Brüssel (APA) - Der tschechische sozialdemokratische Regierungschef Bohuslav Sobotka (CSSD) wird aufgrund seiner zurückhaltenden Äußerungen zu neuen EU-Sanktionen gegen Russland kritisiert. Vor allem Rechtsliberale und Konservative zeigten sich am Montag empört. Unterstützung gab es nur von Sobotkas CSSD sowie den Kommunisten (KSCM).
Karel Schwarzenberg, Chef der liberal-konservativen Partei TOP 09 und des außenpolitischen Ausschusses des Abgeordnetenhauses, sprach von einer „Schande“. „Die einzige Textilindustrie, die bei uns gut gedeiht, ist das Nähen des Schandmantels“, meinte Schwarzenberg ironisch in Anspielung auf das tschechische Sprichwort „Sich einen Mantel aus Schande nähen“. Es wird für Leute verwendet, die sich selbst durch ihr Verhalten eine Schande oder Blamage zuzuschreiben haben. Der Vizechef von TOP 09 und frühere Finanzminister Miroslav Kalousek sprach von einem „unermesslich kurzsichtigen und feigen Standpunkt“ Sobotkas.
Nach den Worten des Vizechefs der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Martin Kupka, bringt Sobotka Tschechien in die Rolle eines „unzuverlässigen Partners nicht nur in der EU, sondern auch in der NATO“. „Der Herr Premier ändert immer wieder seine Auffassungen“, kritisierte Kupka.
Der Vizepremier und Chef der mitregierenden Volkspartei, Pavel Belobradek, zog einen Vergleich mit dem Münchener Abkommen aus dem Jahr 1938, aufgrund dessen die damalige Tschechoslowakei das Sudetenland an Hitler-Deutschland abtreten musste. „Wir können der Ukraine nicht das Gleiche antun, was man uns in München angetan hatte“, so Belobradek. „Die Sanktionen werden auch uns wehtun, aber wenn wir keinen Krieg führen wollen, und das wollen wir nicht, bleiben nur harte Sanktionen. Auch wenn sie wirtschaftliche Schäden verursachen - das ist der Preis für Werte und Prinzipien“, betonte der Vizepremier.
Einzig die Kommunisten unterstützen Sobotkas Standpunkt. Sanktionen seien „kontraproduktiv und schaden der Wirtschaft“, meinte der Klubobmann der KSCM im Unterhaus, Pavel Kovacik. Man müsse sich an den Tisch setzen und verhandeln, so Kovacik.
Sobotka erklärte nach seiner Rückkehr vom EU-Gipfel zu den Topjobs sowie der Ukraine-Krise, er habe in Brüssel „keinen Blankoscheck unterzeichnen wollen“ und behalte sich das Recht vor, mit einigen Teilen der neuen Sanktionen nicht einverstanden zu sein, falls diese unangemessen große wirtschaftliche Folgen hätten. Die Prager Regierung will sich mit dieser Frage am kommenden Mittwoch befassen.