Regierungsumbau abgeschlossen

Boxhandschuhe für Finanzminister Schelling: „Die wirst du brauchen“

Bundespräsident Heinz Fischer hat Montagvormittag die neuen Mitglieder der Bundesregierung angelobt. Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist damit offiziell Vizekanzler, Hans Jörg Schelling (ÖVP) der neue Finanzminister. Auch auf SPÖ-Seite gibt es neue Gesichter und Änderungen.

Wien - Der Umbau des rot-schwarzen Regierungsteams ist abgeschlossen: Bundespräsident Heinz Fischer hat die Neuen am Montag angelobt und Reinhold Mitterlehner offiziell zum Vizekanzler befördert. Am Dienstag wird der neue ÖVP-Chef gemeinsam mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) die neuen Minister dem Parlament

Die Angelobung folgte dem gewohnten Zeremoniell: Kurz vor 11 Uhr empfing der Bundespräsident Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Mitterlehner zu einer kurzen Unterredung. Danach schritt er zur Angelobung, bei der die neuen Regierungsmitglieder mit den Worten „ich gelobe“ versicherten, Verfassung und Gesetze zu beachten und ihr Amt nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben.

Nötig wurde der Umbau des Regierungsteams durch die Beförderung von Infrastrukturministerin Doris Bures zur Nationalratspräsidentin und den überraschenden Rücktritt von VP-Chef Michael Spindelegger. Zuerst wurde der designierte VP-Obmann Mitterlehner als neuer Vizekanzler vereidigt, danach der bisherige Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) als Infrastruktur- und Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling (ÖVP) als Finanzminister. Zur neuen Gesundheitsministerin wurde die bisherige ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser (SPÖ) bestellt, bevor auch der Wechsel von Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) ins Kanzleramt vollzogen und der neue ÖVP-Staatssekretär im Wirtschafts- und Wissenschaftsressort, Harald Mahrer, angelobt wurde.

Spindelegger übergibt „großartiges Haus“

Danach schritten die neuen Minister zur traditionellen Amtsübergabe in ihren neuen Ministerien. Michael Spindelegger hat das Ressort am Montag, kurz nach dessen Angelobung, an den neuen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) übergeben. Als Antrittsgeschenk hatte der abgetretene VP-Obmann schwarze Boxhandschuhe für seinen Nachfolger parat: „Die wirst Du brauchen.“ Er übergebe ein „großartiges Haus“, mit dem Schelling viel Freude haben werde, sagte Spindelegger.

Der neue Ressortchef dankte seinem Vorgänger sowie dessen ebenfalls abtretenden Staatssekretär Jochen Danninger. Spindelegger habe viele Dinge in Bewegung gebracht - etwa Österreich aus dem EU-Defizitverfahren herausgeführt und eine Lösung für das Hypoproblem auf den Weg gebracht. „Es ist mir eine Ehre, Michael Spindelegger nachfolgen zu dürfen“, bekundete Schelling. Das Geschenk nahm er gerne: „Nicht, dass ich ohne Boxhandschuhe nicht auch angriffslustig bin, aber mit schaut‘s besser aus.“

Absolviert wurde die Amtsübergabe in Spindeleggers Büroräumen, ohne viel Publikum und in aller Kürze. Interviews wollte der neue Finanzminister bis zu seiner Vorstellung am Dienstag im Parlament noch keine geben. Im Anschluss an die kurze Amtsübergabe zog er sich mit Spindelegger und Danninger zurück.

Stöger übernimmt Infrastruktur mit „großem Respekt“

Der neue Infrastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) geht seine neue Aufgabe „mit großem Respekt“ an. Er komme aber in ein „exzellent aufgestelltes Haus“, streute er seiner Vorgängerin Doris Bures Rosen. Diese bedankte sich mit dem Modell einer Taurus-Lok, einer der modernsten Lokomotiven Österreichs, „damit alles auf Schiene ist“.

Bures verabschiedete sich bei der Amtsübergabe von ihren Mitarbeitern „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Das weinende, weil sie sich in diesem Ressort „sehr wohlgefühlt“ habe. Das lachende, weil sie ihre künftige Aufgabe als Nationalratspräsidentin mit großer Freude und großen Erwartungen übernehme. Sie kündigte an, eine Präsidentin für alle Abgeordneten sein und mit großer Fairness und überparteilich agieren zu wollen.

Ihren Abschied aus dem Ministerium bezeichnete Bures als „bewegenden Moment“. Sie habe dieses „große und mächtige“ Ressort fast sechs Jahre lang mit großer Freude geführt. Sie zeigte sich „stolz“, gemeinsam mit ihren Beamten vieles auf den Weg gebracht zu haben - von der Verkehrssicherheit über ÖBB-Reformen bis zur Stärkung des öffentlichen Verkehrs und dem Ausbau des Hochwasserschutzes. Sie übergebe das Ressort nun „mit ruhigem Gewissen“, weil sie wisse, dass es bei Stöger in guten Händen sei.

Bures‘ großer Moment kommt Dienstagvormittag mit ihrer Kür zur neuen Nationalratspräsidentin. Danach stellen Kanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger dem Parlament ihre neuen Minister vor.

Oberhauser will gut auf Gesundheitsressort aufpassen

Die neue Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hat versprochen, auf das von ihrem Vorgänger Alois Stöger übernommene Ressort „gut aufzupassen“. Einig seien sich beide darin, „mit Zähnen und Klauen“ für ein solidarisches Gesundheitswesen einzutreten, erklärte Oberhauser bei der Amtsübergabe im Ministerbüro.

Stöger überreichte Oberhauser nicht nur den Schlüssel zu seinem Büro sondern er steckte ihr auch gleich das Logo des Gesundheitsministeriums an. Außerdem übergab er ihr ein Buch von Franz Kreuzer, einem der Vorgänger als Gesundheitsminister, über Viktor Adler, einem Gründer der Arbeiterbewegung. Dieser habe schon sehr früh erkannt, dass man an den Verhältnissen, in denen Menschen leben, etwas verändern müsse, wenn man die Gesundheit der Menschen verbessern wolle.

Er selbst habe ein paar Schritte in diese Richtung gesetzt - „du wirst noch viele weitere setzen“, gab Stöger seiner Nachfolgerin mit auf den Weg. Er wünschte ihr Energie, Kraft und Ausdauer, um mit der Komplexität des Gesundheitswesens umzugehen, um die beschlossene Gesundheitsreform umsetzen zu können. Gleichzeitig verwies er darauf, dass Oberhauser schon in den letzten fünfeinhalb Jahren die von seinem Ressort ausgearbeiteten Reformen mitgetragen habe.

Vor Journalisten kündigte Oberhauser an, dass sie in ihrer Amtszeit ein umfangreiches Nichtraucherschutzgesetz umsetzen wolle. Als nächsten Schritt will sie darüber mit der Wirtschaft Gespräche aufnehmen. Als weitere große Projekte nannte sie die weitere Umsetzung der Gesundheitsreform, die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) sowie die Stärkung der Prävention.

Grüner Vertrauensvorschuss für neue Regierungsriege

Einen Vertrauensvorschuss für die Neuen in der Regierung gibt es von den Grünen. „Mit Schelling betritt jetzt erstmals seit langem ein Finanzminister die Bühne, der über Wirtschaftskompetenz verfügt“, lobte Budgetsprecher Bruno Rossman am Dienstag. Team Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur forderte von Schelling angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit konjunkturbelebende Maßnahmen. Die FPÖ hatte Schelling schon am Wochenende als „Mann des alten Polit-Apparats“ bezeichnet, die NEOS meinten dagegen, es hätte sich einer der besten Kandidaten durchgesetzt. (TT.com, APA)