Live-Ticker Nachlese

Bures neue NR-Präsidentin, Schelling will schlankeren Staat

Die neue Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) neben dem Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP).
© REUTERS/Bader

Eine klare Mehrheit der Abgeordneten wählte Doris Bures (SPÖ) zur neuen Nationalratspräsidentin. Erstmals trat heute zudem die Regierung in neuer Zusammensetzung - mit Hans Jörg Schelling als Finanzminister - auf. TT-Online berichtete im Live-Ticker.

Wien - Nicht gerade mit Euphorie ist die Koalition am Dienstag im Nationalrat nach ihrem neuesten Neustart empfangen worden. Von der FPÖ fing man sich gar einen Misstrauensantrag ein, aber auch Grüne, Team Stronach und NEOS hatten ihre Zweifel, ob die von Kanzler und Vizekanzler verkündeten Bemühungen tatsächlich fruchten. Neu ist seit Dienstag die Herrin des Hohen Haus. Sie heißt Doris Bures.

Die bisherige Infrastrukturministerin übernimmt den Posten der Nationalratspräsidentin, der seit dem Tod von Amtsinhaberin Barbara Prammer (SPÖ) vor genau einem Monat vakant gewesen war. Wiewohl die Chefs aller Klubs im Vorfeld Zustimmung zu Bures‘ Avancement bekundet hatten, entschieden sich dann in geheimer Wahl doch nur 117 von 175 Mandateren für die einzige Präsidentschaftskandidatin.

Begleitet war die Kür von einem etwas eigenwilligen Statement der Regierung. Nachdem sich die SPÖ-Spitze schon vor längerem auf Bures als Kandidatin festgelegt hatte, tat man am Dienstag so, als ob das ganze nur die Abgeordneten etwas anginge und setzte sich während des Wahlprozederes symbolträchtig statt auf die Regierungsbank auf die Besuchergalerie. Die neue Präsidentin ließ sich vom nicht überragenden Votum nicht entmutigen und kündigte an, eine faire und überparteiliche Vorsitzende sein zu wollen.

Neo-Finanzminister Schelling: Steuerentlastung schwierig

Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) vermied in seiner Premieren-Rede Schönfärberei, sprach von großen Herausforderungen und warb um Budgetdisziplin. Eine Steuerreform hält er für wichtig, aber: „Wenn sich die Konjunktur so entwickelt wie sie sich entwickelt, wird das Vorhaben immer schwieriger.“ Aber er deponierte die Hoffnung, dass man eine Steuerreform ausgabenseitig finanzieren wird können und nicht mit neuen Steuern.

Schelling unterstrich den vereinbarten Steuerreform-Zeitplan: Konzept im Herbst, politischer Beschluss im März nächsten Jahres: „Dazu stehe ich.“ Über die Frage der Gegenfinanzierung will er erst „am Schluss“ reden.

In diesem Sinn machte er sich auch für die Verwaltungsreform stark: Er werde sich dafür „mit ganzer Kraft“ einsetzen, den Staat schlanker, effizienter und damit bürgernäher zu machen.

Mitterlehner und Faymann auf Kuschelkurs

Dass die ÖVP da jetzt einen ganz neuen Kurs einschlägt, war auch der Erklärung des zum Vizekanzler aufgestiegenen Wirtschaftsministers nicht zu entnehmen. Reinhold Mitterlehner klagte über „schwierige Zeiten“ mit „enormen Herausforderungen“, wollte aber sichtlich nicht gleich einen Streit mit dem Koalitionspartner und meinte, über die Gegenfinanzierung einer Entlastung solle man besser am Schluss reden.

Ohnehin war zwischen Rot und Schwarz heute Friede angesagt. Für alle Funktionen seien „fachkundige, aufrichtige und politisch engagierte Menschen bestellt worden, die ihren ganzen Einsatz für die Republik leisten werden“, lobte Kanzler Werner Faymann (SPÖ) sein runderneuertes Regierungsteam. Mitterlehner plädierte dafür, nicht einen „Wettbewerb der Grobheiten“ auszutragen und alles für schlecht zu erklären. Auch gelte es, „da und dort das Gemeinsame über das Trennende zu stellen“.

FPÖ-Misstrauensantrag, Grüne sehen „letzte Chance“

Davon hielt die FPÖ am Dienstag nichts und schickte gleich einen Misstrauensantrag gegen die Regierung auf den Weg, der am späteren Nachmittag freilich vom Nationalrat mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit abgelehnt werden wird.

Weniger hart im Ton, in der Sache aber ebenso skeptisch reagierten die drei anderen Oppositionsparteien auf den Neubeginn der Koalition. Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig erkannte eine „allerletzte Chance“ für SPÖ und ÖVP. Nützten sie die nicht, hätten die beiden Parteien keine Berechtigung mehr, eine Regierung zu stellen.

Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur wünscht sich im Interesse der Österreicher, dass sich die Regierung wirklich erfängt. Zweifel hat sie aber. Denn schon bisher habe es an Paktfähigkeit und Zusammenhalt gefehlt. Auch nicht optimistischer war das von NEOS-Chef Matthias Strolz gezeichnete Koalitionsbild: Er fühlt sich an ein Ringelspiel erinnert, das sich zwar drehe, aber nicht vom Fleck komme.

Der Live-Ticker zur Nachlese.

Nationalrat live

15:06 Uhr

+++ Wir beenden an dieser Stelle die Live-Berichterstattung +++

14:47 Uhr

Jetzt stellt sich die neue Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser vor. "Man muss wieder mehr auf die Patienten eingehen", beginnt sie. "In Österreich entscheidet nicht die Brieftasche ob jemand eine Chemotherapie oder eine neue Hüfte bekommt. Die wichtigste Aufgabe der Gesundheitspolitik ist, dass wir weiterhin ein solidarisch finanziertes System haben."

14:43 Uhr

Beate Meinl-Reisinger (NEOS): "Noch vier Jahre Rot-Schwarz kann niemand mehr ertragen. Auf die personellen Veränderungen, müssten auch strukturelle Änderungen folgen."

14:28 Uhr

Werner Kogler (Grüne) kritisiert die unkonstante Linie Österreichs in Bezug auf den Ukraine-Konflikt. "Die mögliche Vermittlerrolle wurde offenbar völlig vernudelt."

14:18 Uhr

FPÖ-Parteisekretär Herbert Kickl spricht von einer Verwaltung des Stillstands durch Rot-Schwarz. Ein Neustart sei durch die Regierungsumbildung nicht zu erkennen. "Wie oft haben Sie die Bevölkerung hinters Licht geführt?" fragt Kickl in Richtung Regierung. Deshalb bringe die FPÖ einen Misstrauensantrag ein. Kickl ist jetzt in voller Fahrt, dass seine Redezeit zu Ende ist ignoriert er.

14:07 Uhr

Josef Cap (SPÖ) kontert die Kritik von Matthias Strolz rhetorisch gekonnt.

13:57 Uhr

Matthias Strolz (NEOS): "Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Bewegung in die Regierung kommt." Er spricht der Koalition aber "echten Mut" in nahezu allen Bereichen ab. "Die SPÖ sitzt am Steuer und es geht abwärts mit Österreich", so Strolz. "Machterhalt ist der SPÖ das Wichtigste." In Richtung ÖVP sagt er: "Die einzige Öffnung, die ich in ihrer Partei sehe ist ein tiefer Spalt. Sie behaupten das eine und tun das andere."

13:44 Uhr

Kathrin Nachbaur (Team Stronach): "Ich hoffe, Sie schaffen es jetzt endlich den Schuldenberg wirklich abzubauen. Aber ohne aus dem Hochsteuerland ein Höchststeuerland zu machen."

13:42 Uhr

Reinhold Lopatka (ÖVP): "Es ist ein Neustart, das hat auch die Opposition gespürt." Hans Jörg Schelling und Harald Mahrer brächten viel Kompetenz in die Regierung mit. "FPÖ heißt für mich jetzt nur noch Frustpartei Österreichs", greift er die Freiheitlichen an. "Sie schließen sich von der konstruktiven Arbeit aus mit Ihren Aktionen. Sie stellen sich mit Ihrem Misstrauen den neuen Regierungsmitgliedern gegenüber ins Abseits."

13:24 Uhr

Die Debatte geht weiter. Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist am Wort. Sie macht auf die Flüchtlingssituation in Syrien aufmerksam. "Auch hier wünsche ich mir eine stärkere Rolle Österreichs."Die Österreicher seien frustriert von der Regierungsarbeit, so Glawischnig. Der "Neustart" der Regierung, sei "die letzte Chance" für Rot-Schwarz. "Sie müssen es zustande bringen, eine intelligente Diskussion über eine Steuerreform zu führen", sagt Glawischnig in Richtung der Koalition. "Bitte kommen Sie bei der Bildungspolitik ins 21. Jahrhundert", fährt sie fort.

13:00 Uhr

15 Minuten Pause.

13:00 Uhr

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache spricht sich für Neuwahlen aufgrund der Regierungsumbildung aus. Die Erwartungshaltung an Stöger als Infrastrukturminister und Oberhauser als Gesundheitsministerin sei aus seiner Sicht "sehr beschränkt." Strache kritisiert Spindelegger: "Man muss ihm nicht im Nachhinein einen Heiligenschein aufsetzen." Mitterlehner stehe "nicht für Erneuerung, denn die Spitzenköpfe sind seit Jahren die gleichen in dieser Regierung."Strache lässt jetzt richtig Dampf ab, sein Zeigefinger erhebt sich immer öfter. Er kritisiert die Arbeitsmarktdaten, die unentschlossene Haltung der Regierung im Ukraine-Konflikt und vieles mehr.

12:51 Uhr

Nun folgt die Antrittsrede von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Der Nachfolger Michael Spindeleggers dankt seinem Vorgänger. "Jede Veränderung ist eine neue Chance neue Ambitionen in die Regierung einzubringen", fährt Mitterlehner fort. "Mit Hans Jörg Schelling haben wir einen Finanzminister der Kompetenz sowohl in der Privatwirtschaft als auch in Institutionen bewiesen hat. Er ist der richtige Mann in einer schwierigen Zeit." Die Regierung müsse Verantwortung übernehmen, sowohl geopolitisch als auch sozialpartnerschaftlich. Bei den Wirtschaftsdaten sei die Entwicklung wenig erfreulich, die Krise sei mittlerweile auch beim Bürger angekommen. Als seine wichtigste Aufgabe sieht Mitterlehner, dass "die Österreicher das Vertrauen in die Politik zurückgewinnen".Die ÖVP sei für eine Steuerreform, aber es sei die Frage ob die nötigen Voraussetzungegen gegeben seien. "Haben wir den Spielraum?" fragt Mitterlehner in den Raum. Das sei am Ende die Frage. Man arbeite an einem Bürokratie-Entlastungspaket für den Bürger. Wichtig seien zudem Bildung, Innovation, Energieeffizienz. Das Asylsystem müsse überprüft werden, um zu trennen zwischen jenen, "die wirklich Schutz brauchen und jenen, die das System ausnutzen wollen und dann in den Glaubenskrieg ziehen".

12:29 Uhr

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist der erste Gratulant und wünscht Bures alles Gute. Jetzt geht er auf aktuelle Entwicklungen in der Ukraine-Krise ein. Er hält nach wie vor eine friedliche Lösung für möglich und wichtig. "Der Dialog geht aber derzeit nicht weiter, wenn eindeutige russische Kriegsgeräte in der Ukraine festgestellt werden", so Faymann. "Jetzt dürfen für nicht das gute Geschäft in den Vordergrund stellen, sondern die Freiheit verteidigen." Daher habe die EU eine "entschiedene Vorgangsweise" eingeschlagen. Die Freiheit sei aber "mit friedlichen Mitteln" zu verteidigen. Österreich sei klar gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Man müsse "die militärische Logik durchbrechen". Durch Sanktionen entstehe aber auch wirtschaftliche Unsicherheit in Österreich. Dies will die Regierung gezielt abfangen, so Faymann. Der Kanzler bedankt sich für die Arbeit Spindeleggers und Danningers. Er ist gleichzeitig überzeugt von einer guten Zusammenarbeit mit Neo-Vizekanzler Mitterlehner.

Antrittsrede von Doris Bures

12:19 Uhr

"Ich will Ihnen allen eine faire und überparteiliche Präsidentin sein", sagt Bures. "Ich wünsche mir ein offenes, lebendiges und arbeitendes Parlament. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit." Sie sei sich auch bewusst, dass sie als Vorsitzende kommender U-Ausschüsse besondere Verantwortung zu tragen habe.

Bures warb für leidenschaftliche Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Interessen. Dabei müsse aber ein Umgang miteinander gepflegt werden, der auch Kompromisse ermögliche: "Fairness, Toleranz und Respekt werden uns helfen." Was die Sanierung des Parlamentsgebäudes angeht, plädierte die neue Präsidentin dafür, die weiteren Entscheidungen in gleicher Geschlossenheit zu treffen.

Doris Bures zur Nationalratspräsidentin gewählt

12:14 Uhr

Bures ist die zweite Frau an der Spitze des Hohen Hauses. Vor Prammer war das Parlament in der Zweiten Republik ausnahmslos von Männern geleitet worden. Leopold Kunschak, Felix Hurdes, Leopold Figl, Alfred Maleta und Andreas Khol entstammten der ÖVP, Karl Waldbrunner, Anton Benya, Leopold Gratz, Rudolf Pöder und Heinz Fischer der SPÖ.

Bures würdigt Prammer

12:07 Uhr

Langer Applaus aus den Abgeordnetenreihen. Bures begibt sich an ihren neuen Platz im Hohen Haus und hält eine Rede. Ihre ersten Worte widmet sie Barbara Prammer. "Sie war eine großartige Frau und eine herausragende Parlamentarieren."

Doris Bures zur Nationalratspräsidentin gewählt

12:05 Uhr

175 Stimmen wurden abgegeben, davon 150 gültige. 117 Stimmen entfielen auf Doris Bures. Damit ist sie gewählte Nationalratspräsidentin.

Wahl der NR-Präsidentin

11:54 Uhr

Alle haben ihr Kreuzerl gemacht. Nun folgt die Auszählung.

11:47 Uhr

Bis alle 183 Abgeordneten gewählt haben, dauert es. In Vierergruppen werden die Parlamentarier alphabetisch aufgerufen. Mittlerweile sind wir bei S wie Strache und Strolz angelangt.

Abgeordnete schreiten an Wahlurne

11:25 Uhr

Jetzt folgt die Wahl der NR-Präsidentin, die wohl nur noch Formsache ist. Alle Parteien haben ihre Zustimmung für Doris Bures signalisiert. Nur die Grünen äußerten Skepsis.

11:24 Uhr

Niki Scherak (NEOS) fordert mehr Transparenz in den Ausschüssen und im Gesetzgebungsprozess. Auch die Zusammenarbeit mit den Experten von außen sei sehr wichtig. Er bedankt sich für den Besuch von Bures im NEOS-Klub und wünscht ihr alles Gute.

11:16 Uhr

Georg Vetter (Team Stronach) spricht die unsicheren Zeiten, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Außenpolitik an. Er warnt vor Steuererhöhungen und Kapitalabfluss aus Österreich. Er erinnert die ÖVP daran, dass das Zentrum der Macht das Parlament sei und nicht bei den Landeshauptleuten liege. Er wünscht Doris Bures, dass sie mit dem Amt "ähnlich wächst wie ihre Vorgängerin".

11:11 Uhr

Albert Steinhauser (Grüne) findet auch kritische Worte zur Nominierung von Doris Bures. Vor allem, dass sie direkt aus einem Regierungsamt kommt und "von Faymann direkt bestellt" worden sei, kritisiert er. "Ihre Loyalität gilt künftig aber dem Parlament, so hoffe ich", sagt Steinhauser. Er hat Bedenken, dass Bures als "verlängerte Werkbank der Regierung" agieren könnte.

11:05 Uhr

Der Dritte NR-Präsident Norbert Hofer (FPÖ): "Ich habe Barbara Prammer nicht nur respektiert, sondern sie auch sehr gerne gemocht." Österreich brauche mehr denn je Menschen wie Barbara Prammer, die "feste innere Überzeugungen" haben. Er würdigt alle Parteien, aber man brauche auch eine "Streitkultur" im Parlament. Wenn man den Streit und die Emotionen nicht hätte, gäbe es nur Einheitsbrei. "Aber wir müssen darauf schauen, dass die Emotionen nicht in Hass umschlagen." Richtung Doris Bures sagt er: "Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit."

11:00 Uhr

ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm: "Die NR-Präsidentin braucht ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, um die Balance zwischen den sechs Parteien hier im Haus zu halten." Dass die Wahl erneut auf eine Frau gefallen ist, sei ein "starkes Signal" für alle Frauen in Österreich. Auch sie spricht die bevorstehende Generalsanierung des Parlaments an, diese sei dringend nötig.

10:55 Uhr

Ungewohnt harmonische Stimmung heute im Parlament.

10:55 Uhr